RA Dr. Christian Ostermaier zu Fallstricken und Gestaltungsmöglichkeiten beim Erwerb von Vorratsgesellschaften.
Bei dem Aufbau einer Gesellschaft wird häufig anstelle der häufig zeitraubenden Neugründung einer Gesellschaft der Erwerb einer Vorrats- oder Mantelgesellschaft gewählt um möglichst schnell die beabsichtigte Geschäftstätigkeit aufnehmen zu können ohne dadurch ein persönliches Haftungsrisiko einzugehen. Bei Vorratsgesellschaften handelt es sich um Gesellschaften, die bisher noch keinen Geschäftsbetrieb aufgenommen haben und nur zu dem Zwecke gegründet worden sind, zukünftig einen neuen Geschäftsbetrieb aufzunehmen, also sozusagen auf Vorrat gegründet sind. Mantelgesellschaften sind Gesellschaften, die in der Vergangenheit bereits einen Geschäftsbetrieb hatten, der aber inzwischen eingestellt ist. In der Regel haben Mantelgesellschaften kein Kapital mehr.
Für den Erwerb von Vorratsgesellschaften hat der Bundesgerichtshof (BGH) Ende letzten Jahres eine bedeutende Entscheidung getroffen (Beschluss vom 09. Dezember 2002, Az.: II ZB 12/02). Der BGH hat entschieden, dass es sich bei der Verwendung einer auf Vorrat gegründeten Gesellschaft um eine wirtschaftliche Neugründung handele. Diese Frage war bisher in Literatur- und Rechtsprechung stark umstritten. Nach Ansicht des BGH sind daher bei dem Erwerb einer Vorratsgesellschaft die Gründungsvorschriften hinsichtlich der Gewährleistung der Kapitalausstattung und über die damit in Verbindung stehende registerrechtliche Kontrolle entsprechend anzuwenden. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich bei der Gesellschaft um eine GmbH oder eine AG handelt. Dies bedeutet, dass bei der Anmeldung der Änderungen im Rahmen des Erwerbs einer Vorratsgesellschaft, z. B. Anmeldung der neuen Firma der Gesellschaft, des neuen Geschäftsgegenstandes, des neuen Geschäftsführers etc., der neue Geschäftsführer zu versichern hat, dass ihm das Stamm- bzw. Grundkapital uneingeschränkt zur Verfügung steht. Bei dem Erwerb einer Vorratsgesellschaft dürfte dies in der Regel kein Problem darstellen, da bei den Gesellschaften das Kapital vorhanden ist, mangels Aufnahme eins Geschäftsbetriebs ungemindert bzw. nur durch die Gründungskosten gemindert vorhanden ist.
Ob und inwieweit dieses Urteil auch auf die sogenannte Mantelgesellschaft anzuwenden ist, ist bisher nicht geklärt. Dafür könnte sprechen, dass die Situation bei dem Erwerb einer Vorrats- und Mantelgesellschaft vergleichbar ist. Der Anwendbarkeit der Entscheidung des BGH auf Mantelgesellschaften wird entgegengehalten, dass bei der Verwendung eines GmbH-Mantels kein Zusammenhang mit der Gründung der GmbH mehr erkennbar ist und damit die Heranziehung von Gründungsvorschriften nicht passen würde.
Wie sich in dieser Entscheidung des BGH in der Praxis auswirkt, welche Vorschriften von den Registergerichten analog angewendet werden und ob diese Entscheidung auch bei dem Erwerb von Mantelgesellschaften herangezogen wird, bleibt abzuwarten. Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden und insbesondere zu verhindern, dass es aufgrund von Beanstandungen durch die Registergerichte zu den Verzögerungen kommt, die ja gerade vermieden werden sollten, sollten die Gründungsvorschriften, soweit möglich, sinngemäß angewendet werden.
Rechtsanwalt
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