Die Grenzen zwischen Freizeit und Beruf lösen sich immer mehr auf. Arbeitnehmer beantworten nach Feierabend nicht nur schnell noch ein paar E‑Mails, sondern pflegen z.B. auch einen Social-Media-Account. Oft vermischen sich dabei Privates und Berufliches, was vom Arbeitgeber nicht nur toleriert, sondern als authentische Imagepflege sogar willkommen ist und sogar unterstützt wird. Neben Bildern und Videos gibt er oftmals ein auf ihn lautendes Impressum vor, um den Informationspflichten nach § 5 TMG Genüge zu tun und Abmahnungen nach dem UWG vorzubeugen. Der Mitarbeiter kann dabei im Einzelfall eine sehr hohe Zahl von „Followern“ generieren, „Freundschaften“ schließen und somit auch für den Arbeitgeber wertvolle Kontakte knüpfen. Auch persönliche Daten, wie z.B. Geburtstage, Jubiläen etc., die zur Kundenpflege genutzt werden können, werden dabei bisweilen gewonnen.
Wechselt der Arbeitnehmer zu einem anderen Arbeitgeber oder macht er sich selbstständig, stellt sich die Frage: wem gehört der Account? Auch wenn es kein „Eigentum“ an einem Account oder einer Domain im klassischen Sinne geben kann, so stellt das Nutzungsrecht hieran doch eine eigentumsfähige Position im Sinne von Art. 14 GG und auch einen rechtlich geschützten Vermögenswert dar (BVerfG, Beschluss vom 24. November 2004, Az.: 1 BvR 1306/02).
Unproblematisch beantworten lässt sich die Frage nach der vermögensrechtlichen Zuordnung nur dann, wenn das Konto rein privat oder rein beruflich eingerichtet und genutzt wurde. In vielen Fällen wurde jedoch Privates nicht eindeutig von Beruflichem getrennt, so dass Streit quasi vorprogrammiert ist, wenn es sich um einen auch für den Arbeitgeber wirtschaftlich wertvollen Account handelt. Wenn der Arbeitnehmer die strittigen Daten im Zusammenhang mit der ihm übertragenen Arbeit erlangt hat, kann dem Arbeitgeber prinzipiell ein Herausgabeanspruch zustehen (§ 667 BGB analog).
Wann dies tatsächlich der Fall ist, entscheidet sich — sofern eine ausdrückliche Absprache fehlt — anhand einer Gesamtbetrachtung aller konkreten Umstände des Einzelfalls: Wer ist formal angemeldet? Unter welchem Namen läuft das Konto? Welche E‑Mail-Adresse oder örtliche Adresse ist als Kontakt angegeben? Hat der Arbeitgeber die Kosten für eine „Premium-Mitgliedschaft“ übernommen? Wurde der Account ausschließlich während der Arbeitszeit gepflegt? Gab es eine Urlaubsvertretung? Sind nach den Nutzungsbedingungen des Accounts geschäftliche User überhaupt zugelassen? Diese Aufzählung ist nicht abschließend.
Die Kriterien sind in aller Regel mehrdeutig. Eine rechtssichere Vorhersage, wie ein Gericht entscheiden wird, lässt sich deshalb kaum treffen. So hat auch das AG Brandenburg in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 31. Januar 2017, Az.: 31 C 212/17) über eine Facebook-Seite, mit der ein Arbeitnehmer regelmäßig über Sportwettkämpfe berichtet und dabei auch auf Produkte seines Arbeitgebers hingewiesen hat, ausgeführt, dass die in Betracht kommenden Kriterien „bestenfalls ambivalent“ sind. Selbst die Vorgabe eines verlinkten Impressums sei kein eindeutiges Kriterium.
Und selbst wenn es dem Arbeitgeber gelingt, einen Herausgabeanspruch darzulegen und zu beweisen: im Hauptsacheverfahren kommt eine Entscheidung in der Regel zu spät, im einstweiligen Verfügungsverfahren darf die Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Zudem könnte der Arbeitnehmer die fraglichen Daten längst exportiert haben, was für den Arbeitgeber nur schwer nachzuweisen sein dürfte. Schadensersatzansprüche werden in der Praxis ebenfalls nur schwer zu beziffern und zu belegen sein.
Auch datenschutzrechtliche Probleme stellen sich: die Kontaktpersonen haben ihre persönlichen Daten ja wohl dem Arbeitnehmer (und nicht dem Unternehmen direkt) zur Verfügung gestellt und nicht einer geschäftlichen Nutzung zugestimmt. Auch auf die im Konto gespeicherten privaten Daten seines Arbeitnehmers darf der Arbeitgeber nicht ohne weiteres zugreifen, und sei es nur zur Sichtung.
Im Einzelfall mögen namens- oder markenrechtliche Ansprüche in Betracht kommen, wenn der (ehemalige) Arbeitnehmer solche Rechte seines (früheren) Arbeitgebers unerlaubt nutzt. Sie können aber nicht das Interesse auf Herausgabe der mit dem Account verbundenen Daten befriedigen.
Fazit: Eine ausdrückliche Regelung über Einrichtung, Pflege und Zuordnung von Social-Media-Konten könnte helfen, Konflikte von vorneherein zu vermeiden. Soweit ein Betriebsrat besteht, wäre der Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung das Mittel der Wahl, würde diese doch sowohl eine umfassende Anwendung als auch eine gewisse Flexibilität garantieren. Alternativ wäre an die Implementierung von allgemeinen Richtlinien oder individualvertraglichen Regelungen zu denken.
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