Rentenversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Das Bun­des­so­zi­al­ge­richt (BSG) hat mit Urteil vom 24. Novem­ber 2005 (Az: B 12 RA 1/04 R) ent­schie­den, dass auch Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer ren­ten­ver­si­che­rungs­pflich­tig sein kön­nen.

Das BSG hat in dem Urteil über die Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflicht eines Geschäfts­füh­rers einer Ein­mann-GmbH ent­schie­den, die eine Unter­neh­mens­be­ra­tung betrieb, aber für einen ein­zi­gen Auf­trag­ge­ber tätig war.

Der Ren­ten­ver­si­che­rungs­trä­ger hat­te die Ren­ten­ver­si­che­rungs­pflicht fest­ge­stellt, da die GmbH nur für einen Auf­trag­ge­ber tätig war. Das BSG ist dem nicht gefolgt und hat die Ver­si­che­rungs­pflicht in der Ren­ten­ver­si­che­rung damit begrün­det, dass gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI selb­stän­dig täti­ge Per­so­nen ver­si­che­rungs­pflich­tig sind, die auf Dau­er und im Wesent­li­chen für nur einen Auf­trag­ge­ber tätig sind und die im Zusam­men­hang mit ihrer selb­stän­di­gen Tätig­keit regel­mä­ßig kei­nen ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Arbeit­neh­mer beschäf­ti­gen, des­sen Arbeits­ent­gelt aus dem Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis regel­mä­ßig Euro 400,00 über­steigt. Die­se Rege­lung war bis­her auf Geschäfts­füh­rer nicht ange­wandt wor­den. Viel­mehr hat­ten die Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger bis­her ange­nom­men, dass Gesell­schaf­ter, die min­des­tens 50 % der Geschäfts­an­tei­le besa­ßen oder über eine Sperr­mi­no­ri­tät ver­füg­ten, von der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung befreit waren.

Nach Ansicht des BSG kommt es nicht dar­auf an, ob die Gesell­schaft meh­re­re Auf­trag­ge­ber hat, son­dern es wird ein­zig und allein auf die Per­son des Geschäfts­füh­rers abge­stellt. Eine dem­entspre­chend weit­ge­hen­de Bedeu­tung hat die­se Ent­schei­dung, da ein Geschäfts­füh­rer in der Regel kei­ne wei­te­ren Auf­trag­ge­ber haben wird und selbst auch kei­ne Ange­stell­ten hat.

Es ist anzu­neh­men, dass auf Grund die­ser Ent­schei­dung nun die Ren­ten­ver­si­che­rungs­trä­ger eine umfas­sen­de Über­prü­fung ein­lei­ten wer­den. Unter Umstän­den kön­nen hier sogar für die ver­gan­ge­nen vier Jah­re die Ren­ten­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge nach­ge­for­dert wer­den. Ob dies im Ein­zel­fall mög­lich ist oder ob ent­spre­chend der Rege­lung des § 7 b SGB VI die Ver­si­che­rungs­pflicht erst mit dem Tag der Bekannt­ga­be einer Ent­schei­dung ein­tritt, muss im Ein­zel­fall geprüft wer­den. Letz­te­res wäre der Fall, wenn der Beschäf­tig­te, hier also der Geschäfts­füh­rer, zustimmt, für den Zeit­raum zwi­schen Auf­nah­me der Beschäf­ti­gung und der Ent­schei­dung des BSG eine Absi­che­rung zur Alters­vor­sor­ge vor­ge­nom­men wur­de, die den Leis­tun­gen der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung ent­spricht, und weder vor­sätz­lich noch grob fahr­läs­sig von einer selb­stän­di­gen Tätig­keit aus­ge­gan­gen wor­den ist.

Für die Zukunft lässt sich das unge­wünsch­te Ergeb­nis der Ren­ten­ver­si­che­rungs­pflicht unter Umstän­den dadurch ver­hin­dern, dass der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer ent­we­der kein Gehalt mehr bezieht und nur noch Gewinn­aus­schüt­tun­gen erhält, oder selbst eine Sekre­tä­rin anstellt und die­se der GmbH zusam­men mit sei­ner eige­nen Arbeits­leis­tung zur Ver­fü­gung stellt.

Eine Aus­wir­kung auf Fremd­ge­schäfts­füh­rer, d.h. alle Geschäfts­füh­rer, die an der Gesell­schaft nicht oder mit weni­ger als 50 % betei­ligt sind, hat die Ent­schei­dung nicht, da die­se ohne­hin als ren­ten­ver­si­che­rungs­pflich­tig ange­se­hen wur­den.

Aus der Ent­schei­dung ergibt sich kei­ne Ver­si­che­rungs­pflicht der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer in der Kranken‑, Pfle­ge- und Arbeits­lo­sen­ver­si­che­rung.

Nach­trag der Redak­ti­on: bit­te beach­ten Sie zu den neue­ren Ent­wick­lun­gen in die­sem Zusam­men­hang auch den ent­spre­chen­den Arti­kel hier im Law-Blog.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Alternative Feiertagsregelungen: Wie Unternehmen auf religiöse Vielfalt Rücksicht nehmen können

Was tun, wenn Arbeitnehmer Weihnachten nicht feiern? In einer multikulturellen Arbeitswelt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, religiöse Vielfalt zu berücksichtigen – besonders, wenn es um Feiertage geht. Das deutsche Arbeitsrecht bietet flexible Lösungen, von Gleitzeit über Sonderurlaub bis hin zum Tausch von Feiertagen.   Auch die Bemühungen der US-amerikanischen Regierung, Inklusions- und Vielfaltsmaßnahmen zurückzudrängen, ändern nichts daran, dass wir in...

Mann bewirbt sich auf Job für „Sekretärin“: Entschädigung wegen Diskriminierung?

Die Sekretärin, der Mechaniker – alte Stereotype in Stellenanzeigen können Unternehmen teuer zu stehen kommen. Sogenannte AGG-Hopper versuchen, Fehler auszunutzen und auf Entschädigung zu klagen. Das klappt nicht immer, doch die Fälle lehren viel darüber, worauf Arbeitgeber achten sollten, wenn sie eine Stelle ausschreiben. In letzter Zeit kommt es vermehrt zu Streitigkeiten aufgrund angeblicher Diskriminierung im Bewerbungsverfahren. Es gibt eine...