Rentenversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern

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Das Bun­dessozial­gericht (BSG) hat mit Urteil vom 24. Novem­ber 2005 (Az: B 12 RA 1/04 R) entsch­ieden, dass auch Gesellschafter-Geschäfts­führer renten­ver­sicherungspflichtig sein kön­nen.

Das BSG hat in dem Urteil über die Sozialver­sicherungspflicht eines Geschäfts­führers ein­er Ein­mann-GmbH entsch­ieden, die eine Unternehmens­ber­atung betrieb, aber für einen einzi­gen Auf­tragge­ber tätig war.

Der Renten­ver­sicherungsträger hat­te die Renten­ver­sicherungspflicht fest­gestellt, da die GmbH nur für einen Auf­tragge­ber tätig war. Das BSG ist dem nicht gefol­gt und hat die Ver­sicherungspflicht in der Renten­ver­sicherung damit begrün­det, dass gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI selb­ständig tätige Per­so­n­en ver­sicherungspflichtig sind, die auf Dauer und im Wesentlichen für nur einen Auf­tragge­ber tätig sind und die im Zusam­men­hang mit ihrer selb­ständi­gen Tätigkeit regelmäßig keinen ver­sicherungspflichti­gen Arbeit­nehmer beschäfti­gen, dessen Arbeit­sent­gelt aus dem Beschäf­ti­gungsver­hält­nis regelmäßig Euro 400,00 über­steigt. Diese Regelung war bish­er auf Geschäfts­führer nicht ange­wandt wor­den. Vielmehr hat­ten die Sozialver­sicherungsträger bish­er angenom­men, dass Gesellschafter, die min­destens 50 % der Geschäft­san­teile besaßen oder über eine Sper­rmi­norität ver­fügten, von der geset­zlichen Renten­ver­sicherung befre­it waren.

Nach Ansicht des BSG kommt es nicht darauf an, ob die Gesellschaft mehrere Auf­tragge­ber hat, son­dern es wird einzig und allein auf die Per­son des Geschäfts­führers abgestellt. Eine dementsprechend weit­ge­hende Bedeu­tung hat diese Entschei­dung, da ein Geschäfts­führer in der Regel keine weit­eren Auf­tragge­ber haben wird und selb­st auch keine Angestell­ten hat.

Es ist anzunehmen, dass auf Grund dieser Entschei­dung nun die Renten­ver­sicherungsträger eine umfassende Über­prü­fung ein­leit­en wer­den. Unter Umstän­den kön­nen hier sog­ar für die ver­gan­genen vier Jahre die Renten­ver­sicherungs­beiträge nachge­fordert wer­den. Ob dies im Einzelfall möglich ist oder ob entsprechend der Regelung des § 7 b SGB VI die Ver­sicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekan­nt­gabe ein­er Entschei­dung ein­tritt, muss im Einzelfall geprüft wer­den. Let­zteres wäre der Fall, wenn der Beschäftigte, hier also der Geschäfts­führer, zus­timmt, für den Zeitraum zwis­chen Auf­nahme der Beschäf­ti­gung und der Entschei­dung des BSG eine Absicherung zur Altersvor­sorge vorgenom­men wurde, die den Leis­tun­gen der geset­zlichen Renten­ver­sicherung entspricht, und wed­er vorsät­zlich noch grob fahrläs­sig von ein­er selb­ständi­gen Tätigkeit aus­ge­gan­gen wor­den ist.

Für die Zukun­ft lässt sich das ungewün­schte Ergeb­nis der Renten­ver­sicherungspflicht unter Umstän­den dadurch ver­hin­dern, dass der Gesellschafter-Geschäfts­führer entwed­er kein Gehalt mehr bezieht und nur noch Gewin­nauss­chüt­tun­gen erhält, oder selb­st eine Sekretärin anstellt und diese der GmbH zusam­men mit sein­er eige­nen Arbeit­sleis­tung zur Ver­fü­gung stellt.

Eine Auswirkung auf Fremdgeschäfts­führer, d.h. alle Geschäfts­führer, die an der Gesellschaft nicht oder mit weniger als 50 % beteiligt sind, hat die Entschei­dung nicht, da diese ohne­hin als renten­ver­sicherungspflichtig ange­se­hen wur­den.

Aus der Entschei­dung ergibt sich keine Ver­sicherungspflicht der Gesellschafter-Geschäfts­führer in der Kranken‑, Pflege- und Arbeit­slosen­ver­sicherung.

Nach­trag der Redak­tion: bitte beacht­en Sie zu den neueren Entwick­lun­gen in diesem Zusam­men­hang auch den entsprechen­den Artikel hier im Law-Blog.

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