Beim Fußballturnier in der Firma verletzt: BSG lehnt Arbeitsunfall ab

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Sozialversicherung | 2. Januar 2025
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Ein Arbeit­neh­mer, der sich bei einem fir­men­in­ter­nen Fuß­ball­tur­nier ver­letz­te, war nicht gesetz­lich unfall­ver­si­chert. Das Tur­nier sei kei­ne ver­si­cher­te Gemein­schafts­ver­an­stal­tung, ent­schied nach den Instanz­ge­rich­ten auch das Bun­des­so­zi­al­ge­richt. Es stützt sich dabei auf ent­schei­den­de Details.

 

Eine Unter­neh­mens­grup­pe mit euro­pa­weit über 11.000 Mit­ar­bei­ten­den, davon in Deutsch­land 6.150 Beschäf­tig­te in 115 Nie­der­las­sun­gen, ver­an­stal­tet jähr­lich ein Fuß­ball­tur­nier. An dem Tur­nier neh­men aus­schließ­lich Unter­neh­mens­an­ge­hö­ri­ge teil. Beim 21. Fuß­ball­tur­nier mach­ten 80 Beschäf­tig­te mit, dar­un­ter auch der spä­te­re Klä­ger, der sich wäh­rend des Fuß­ball­tur­niers bei einem Spiel das Knie ver­letz­te.

Er nahm die Berufs­ge­nos­sen­schaft in Anspruch, wel­che jedoch einen Arbeits­un­fall aus­schloss und eine Ent­schä­di­gung des Arbeit­neh­mers ablehn­te. Das woll­te der Mann nicht auf sich sit­zen las­sen und beschritt den Rechts­weg. Doch weder mit sei­ner Kla­ge noch mit der Beru­fung hat­te er Erfolg. Die Instanz­ge­rich­te stell­ten fest, dass sein Unfall nicht als Arbeits­un­fall dekla­riert wer­den kann. Auch vor dem Bun­des­so­zi­al­ge­richt (BSG) ver­lor der Mann nun end­gül­tig.

 

Wann liegt ein Arbeits­un­fall vor?

Ein Arbeits­un­fall liegt gem. § 8 Abs. 1 S. 1 Sozi­al­ge­setz­buch Sieb­tes Buch (SGB VII) vor, wenn eine ver­si­cher­te Per­son infol­ge einer ver­si­cher­ten Tätig­keit einen Unfall erlei­det. Unfäl­le sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeit­lich begrenz­te, von außen auf den Kör­per ein­wir­ken­de Ereig­nis­se, die zu einem Gesund­heits­scha­den oder zum Tod füh­ren. Beschäf­tig­te sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII kraft Geset­zes ver­si­chert.

Von einer ver­si­cher­ten Tätig­keit ist aus­zu­ge­hen, wenn die Tätig­keit zum Unfall­zeit­punkt in einem inne­ren Zusam­men­hang steht mit der eigent­li­chen, den Ver­si­che­rungs­schutz begrün­de­ten Tätig­keit, also dem Job. Auch Gemein­schafts­ver­an­stal­tun­gen kön­nen zu den ver­si­cher­ten Tätig­kei­ten gehö­ren. Hier­zu müs­sen aber fol­gen­de Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sein: Die Ver­an­stal­tung soll dazu die­nen, die Ver­bun­den­heit zwi­schen Betriebs­lei­tung und Beleg­schaft zu pfle­gen und alle Betriebs­an­ge­hö­ri­gen müs­sen an der Ver­an­stal­tung teil­neh­men kön­nen. Außer­dem muss das Unter­neh­men selbst der Ver­an­stal­ter sein, oder aber der Ver­an­stal­ter sind Betriebs­an­ge­hö­ri­ge und das Unter­neh­men bil­ligt oder för­dert die Ver­an­stal­tung. Auch muss der Unter­neh­mer selbst anwe­send sein oder sich durch einen Beauf­trag­ten ver­tre­ten las­sen.

 

Kei­ne ver­si­cher­te Tätig­keit, kein Betriebs­sport: In allen Instan­zen erfolg­los

Nach Ansicht des Arbeits­ge­richts und des Lan­des­ar­beits­ge­richts ist der ver­un­fall­te Mit­ar­bei­ter zum Unfall­zeit­punkt weder sei­ner Beschäf­ti­gung nach­ge­gan­gen noch war das Fuß­ball­tur­nier, bei dem sich der Unfall ereig­net hat, Bestand­teil des Betriebs­sports oder einer betrieb­li­chen Gemein­schafts­ver­an­stal­tung. Das Fuß­ball­tur­nier dien­te auch nicht als Wer­be­platt­form für den Arbeit­ge­ber des Klä­gers, sodass man hier­aus eben­falls kei­nen Arbeits­un­fall begrün­den könn­te.

In der drit­ten Instanz vor dem BSG mach­te der Klä­ger mit sei­ner Revi­si­on gel­tend, dass das Fuß­ball­tur­nier Wer­be­zwe­cken gedient habe und im Intra­net bewor­ben wor­den sei. Alle Mit­ar­bei­ten­den sei­en ein­ge­la­den gewe­sen, das Unter­neh­men war als Haupt­spon­sor betei­ligt, die Teil­nah­me wur­de aus­drück­lich unter­stützt und die Unter­neh­mens­lei­tung war anwe­send. Am Ende der Ver­an­stal­tung gab es Poka­le mit Unter­neh­mens­auf­druck und einen Spen­den­scheck. Auch in der Pres­se wur­de über die Sport­ver­an­stal­tung berich­tet.

Doch auch das BSG wies die Revi­si­on des Arbeit­neh­mers ab und folg­te der Argu­men­ta­ti­on der Vor­in­stan­zen. Laut Deutsch­lands höchs­ten Sozi­al­rich­tern ist es kor­rekt, sei­nen Unfall nicht als Arbeits­un­fall anzu­er­ken­nen (BSG, Urt. v. 26.09.2024, Az. B 2 U 14/22 R).

Mit sei­ner Teil­nah­me am Tur­nier habe der Klä­ger näm­lich kei­ne arbeits­ver­trag­li­chen Haupt- oder Neben­pflich­ten erfüllt, argu­men­tier­te das Gericht. Zum Zeit­punkt des Unfalls sei er auch nicht unter dem Gesichts­punkt des Betriebs­sports oder der betrieb­li­chen Gemein­schafts­ver­an­stal­tung ver­si­chert gewe­sen, da bei dem Fuß­ball­tur­nier der Wett­kampf­cha­rak­ter domi­nie­rend gewe­sen und die Ver­an­stal­tung nur für fuß­ball­in­ter­es­sier­te Beschäf­tig­te aus­ge­rich­tet gewe­sen sei. Auch dass das Fir­men­event in der Pres­se Erwäh­nung fand, half dem ver­letz­ten Mit­ar­bei­ter nicht. Solan­ge die Sport­ver­an­stal­tung nicht in der Öffent­lich­keit als Wer­be­platt­form genutzt wer­de, sei der Wer­be­ef­fekt recht­lich unbe­acht­lich.

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