Dürfen freiwillige Prämien nur an aktive Mitarbeiter ausgezahlt werden? Ein aktuelles Urteil bringt Klarheit: Solange der Zweck der Zahlung klar definiert ist, haben Arbeitgeber auch bei der Inflationsausgleichsprämie weitreichende Entscheidungsfreiheit.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hannover hat in einem Urteil vom 17. Mai 2024 (Az. 14 SLa 26/24) klargestellt, dass Arbeitgeber die Freiheit haben, freiwillige Sonderzahlungen wie die Inflationsausgleichsprämie gezielt an aktive Mitarbeiter zu zahlen – auch dann, wenn die Arbeitnehmer in der passiven Phase der Altersteilzeit von denselben wirtschaftlichen Herausforderungen betroffen sind. Diese Entscheidung bietet Arbeitgebern wichtige Leitlinien, wie sie freiwillige Leistungen differenziert und rechtssicher vergeben können.
In dem Fall, über den das LAG zu entscheiden hatte, hatte ein Mitarbeiter, der sich in der passiven Phase der Altersteilzeit befand, geklagt, weil er von der im April 2023 ausgezahlten Inflationsausgleichsprämie ausgeschlossen wurde. Der Arbeitgeber hatte diese Prämie ausschließlich den noch aktiv arbeitenden Beschäftigten zukommen lassen, um sie angesichts der wirtschaftlichen Belastungen durch steigende Preise zu unterstützen – und gleichzeitig ihre Arbeitsleistung zu honorieren und sie zu motivieren.
Der klagende Arbeitnehmer argumentierte, dass auch er Anspruch auf diese Prämie habe. Schließlich diene die Inflationsausgleichsprämie dazu, die gestiegenen Lebenshaltungskosten abzufedern, die schließlich alle Arbeitnehmer gleichermaßen beträfen – unabhängig davon, ob sie noch aktiv arbeiten oder sich bereits in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befinden.
Auch Inflationsausgleichsprämie kann an Motivation gekoppelt sein
Das LAG Hannover hat seine Klage aber abgewiesen und sich eindeutig auf die Seite des Arbeitgebers gestellt. Es erkannte an, dass die Prämie zwar als Inflationsausgleichszahlung gedacht war, aber vom Arbeitgeber eindeutig an die Motivation der aktiv Beschäftigten gekoppelt wurde. Arbeitnehmer, die sich in der Passivphase der Altersteilzeit befinden, erbringen keine Arbeitsleistung mehr. Sie sind daher von einer Motivationsprämie, wie sie der Arbeitgeber ausgerichtet hatte, nicht erfasst.
Aus Sicht des LAG gilt das, obwohl die Inflationsausgleichsprämie nach dem Willen des Gesetzgebers die gestiegenen Verbraucherpreise abmildern soll und deshalb steuer- und sozialversicherungsfrei ausgezahlt werden kann.
Freiwillige Leistungen als Arbeitgeber strategisch einsetzen
Für Arbeitgeber bedeutet das, dass sie die Möglichkeit haben, freiwillige Leistungen differenziert und gezielt zu vergeben. Solange der Zweck der Zahlung – in diesem Fall die Motivation der aktiven Belegschaft – klar definiert ist, können sie Mitarbeiter in der passiven Phase also auch von derartigen Prämien ausschließen. Differenzierungen sind möglich und rechtlich zulässig, wenn sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind – in diesem Fall die Motivation der noch aktiv tätigen Belegschaft. Das gilt insbesondere dann, wenn die Leistung nicht auf tarifvertraglichen oder anderen verpflichtenden Regelungen basiert.
Gestaltungsspielräume, um in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ihre Belegschaft gezielt zu unterstützen und zu motivieren. Wenn der Zweck klar benannt und nachvollziehbar ist, ist die Gefahr erfolgreicher Angriffe durch ausgeschlossene Mitarbeiter gering- eine wertvolle Orientierung für die Praxis, die Arbeitgeber darin unterstützt, freiwillige Leistungen strategisch einzusetzen, ohne rechtliche Probleme fürchten zu müssen.
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