Streitigkeiten über die Verwertung von Fotos oder Videos (inbes.: Werbefilm), die der Arbeitgeber unter Beteiligung von seinen Mitarbeitern zu Werbezwecken für sein Unternehmen anfertigen ließ, beschäftigen die Arbeitsgerichte immer wieder, besonders, wenn das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich beendet wurde. In „guten Zeiten“ erklärt der Arbeitnehmer sich gerne zur Mitwirkung bereit, nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters beurteilt er die Verwendung seines Bildes zu Zwecken des Arbeitgebers oftmals anders.
Bereits im Januar 2012 hatte das LAG Hessen (AZ.: 19 SaGa 1480/11) im Rahmen einer einstweiligen Verfügung den Fall einer angestellten Rechtsanwältin zu entscheiden, die Ihr Konterfei samt Tätigkeitsbeschreibung weder auf der Homepage der Kanzlei noch deren „News-Blog“ weiterhin verwendet wissen wollte, nachdem man ihr bereits in der Probezeit gekündigt hatte. Die verklagte Kanzlei hatte das Profil der Rechtsanwältin zwar von der Homepage, nicht jedoch von ihrem „News-Blog“ genommen. Sie hatte aber süffisant angeboten, gerne den Hinweis, dass das Arbeitsverhältnis arbeitgeberseitig in der Probezeit beendet wurde, aufzunehmen. Das LAG Hessen gab der Rechtsanwältin recht und verfügte die beantragte Unterlassung. Das Persönlichkeitsrecht der Anwältin werde durch die Veröffentlichung ihres Profils im Rahmen eines Werbeauftritts der – inzwischen zur Konkurrenz gewordenen – Kanzlei rechtswidrig verletzt. Ihre seinerzeit erklärte Einwilligung habe sich „evident“ auf die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses beschränkt, ihr Widerruf nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei deshalb wirksam. Der www.law-blog.de berichtete dazu am 25. Juni 2012.
Diesen Fall mag der Rechtsvertreter eines Monteurs im Blick gehabt haben. Der Monteur wirkte in einem Werbefilm seines Arbeitgebers — diesmal ein Unternehmen aus dem Bereich Kälte- und Klimatechnik – mit. Am Anfang des Videos sieht man kurz einen vom Kläger gesteuerten Pkw, gegen Ende ist er auf einem Gruppenbild mit ca. 30 anderen Belegschaftsmitgliedern zu sehen.
Das Video konnte auf der Homepage des Unternehmens eingesehen werden. Seine Einwilligung zur Verbreitung des Videofilms hatte er auf einer Unterschriftenliste zusammen mit anderen Kollegen erklärt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – man ahnt es schon – widerruft er seine Einwilligung, verlangt Unterlassung sowie Schmerzensgeld (!).
Diesem Begehren hat das BAG mit seinem Urteil vom 11. Dezember 2014, AZ.: 8 AZR 1010/13, wie auch schon die Vorinstanz des LAG Rheinland Pfalz, eine Absage erteilt.
Das BAG führt zunächst aus, dass die Zulässigkeit der Videonutzung durch den Arbeitgeber sich nach den spezielleren Regelungen der §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz (KUG), nicht nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) richtet. Es ist also eine Einwilligung des Arbeitnehmers in die Verbreitung und „Zur-Schau-Stellung“ seines Bildnisses nach § 22, 23 KUG erforderlich.
Sodann befasst sich das Urteil ausführlich mit der Frage, welche Anforderungen an eine wirksame Einwilligung in die Bildnutzung zu stellen sind, wie weit diese reicht sowie, ob und unter welchen Voraussetzungen sie widerrufen werden kann. Anders als § 4a BDSG – auf den sich der Kläger berufen hatte – schreibt das KUG zunächst keine Schriftform der Einwilligungserklärung vor. Allerdings stellt das BAG fest, dass eine verfassungskonforme Auslegung des KUG unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses ausnahmsweise eine Schriftform fordert. Nur so könne dem Arbeitnehmer verdeutlicht werden, dass er seine Einwilligung unabhängig von seinen Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis erklärt oder eben auch verweigern kann. Nur so werde sein informationelles Selbstbestimmungsrecht gewahrt.
Das BAG führt weiter aus: Die Einwilligung muss „anlassbezogen“ erklärt werden. Sie darf also nicht bereits pauschal vorab z.B. im Arbeitsvertrag erteilt werden. Außerdem muss sie inhaltlich klar bezeichnet sein und darf nicht zusammen mit anderen Erklärungen abgegeben werden. Sie muss aus freier Entscheidung erteilt werden. All diese Voraussetzungen sah das BAG hier als gegeben an.
Die einmal erteilte Einwilligung des Arbeitnehmers erlischt auch nicht automatisch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn das Bild oder der Film (Werbefilm) keinen auf die individuelle Person des Arbeitnehmers Bezug nehmenden Inhalt transportiert. Dies war hier anders als im Fall der Rechtsanwältin, wo ausdrücklich mit der Kompetenz der neuen Kollegin für die Kanzlei geworben wurde. Der Arbeitnehmer muss – will er die weitere Verwendung seines Bildes verhindern – seine Einwilligung also in diesem Fall widerrufen.
Ein solcher Widerruf ist jedoch nicht grundlos möglich, wie das BAG erklärt. Es ist eine Abwägung der beidseitigen Interessen vorzunehmen. Auf der einen Seite steht das Veröffentlichungsinteresse des Arbeitgebers und sein Wunsch nach wirtschaftlicher Verwendung der aufgewendeten Mittel, auf der anderen Seite das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers. Die zwischenzeitliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann bei der Bewertung eine Rolle spielen, muss es jedoch nicht zwingend. Da in dem strittigen Video der Kläger mit seiner Person und Identität nicht auf irgendeine Weise besonders hervorgehoben wurde lehnte das BAG eine wirtschaftliche oder persönlichkeitsrelevante „Weiterverwertung“ ab. Auf die Frage, ob die Einwilligung nach § 23 KUG im vorliegenden Fall evtl. gar nicht nötig gewesen wäre, kam es nicht mehr an.
Das BAG lehnte also sowohl Unterlassungsanspruch als auch den Schmerzensgeldanspruch ab.
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