Privater E‑Mail-Verkehr im Betrieb: Kontrolle durch den Arbeitgeber trotz Geheimhaltungsinteresse des Arbeitnehmers?

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Her­rn Bar­bules­cu war von sein­er Fir­ma wegen Ver­trags­bruchs gekündigt wor­den, weil er trotz eines aus­drück­lichen Ver­bots über die betriebliche IT pri­vate E‑Mails mit sein­er Ver­lobten und seinem Brud­er getauscht hat­te. Dies war bei ein­er umfassenden Kon­trolle der E‑Mail-Kon­ten aufge­fall­en. Die E‑Mails enthiel­ten pikante Details, u. a. zum Gesund­heit­szu­s­tand und Sex­u­alleben des Her­rn Bar­bules­cu. Nicht nur der Arbeit­ge­ber, auch Kol­le­gen nah­men Ken­nt­nis vom Inhalt der E‑Mails. Die Klage gegen die Kündi­gung wurde abgewiesen. Auch eine Beschw­erde zum EGMR wegen Ver­stoßes gegen Art. 8 der Kon­ven­tion zum Schutz der Men­schen­rechte und Grund­frei­heit­en – Recht auf Achtung des Pri­vat- und Fam­i­lien­lebens – blieb erfol­g­los.

Der EGMR betonte, dass der Kläger nicht damit rech­nen durfte, dass seine E‑Mails pri­vat bleiben wür­den, schließlich war vom Arbeit­ge­ber kurz zuvor angekündigt wor­den, dass der E‑Mail-Verkehr kon­trol­liert würde. Das Kon­trol­linter­esse des Arbeit­ge­bers über­wiege. Dieser habe außer­dem davon aus­ge­hen dür­fen, nur auf geschäftliche E‑Mails zuzu­greifen. Auch sei der Arbeit­nehmer ord­nungs­gemäß ange­hört wor­den.

Der Fall hat sich in Rumänien zuge­tra­gen. Ob das BAG eben­falls ein­er Arbeit­ge­berkündi­gung in diesem Fall seinen Segen erteilt hätte, ist fraglich:

Die deutsche Recht­sprechung misst dem Arbeit­nehmer-Daten­schutz eine hohe Bedeu­tung bei. Unab­hängig von der Frage, ob ein Arbeit­ge­ber, der einen E‑Mail-Account zur Pri­vat­nutzung zur Ver­fü­gung stellt, auch dem Fer­n­meldege­heim­nis nach § 88 Telekom­mu­nika­tion­s­ge­setz unter­liegt, ist jeden­falls das Bun­des­daten­schutzge­setz (BDSG) vom Arbeit­ge­ber zu beacht­en. Danach ist eine Daten­er­he­bung und –ver­ar­beitung nur zuläs­sig, wenn der Arbeit­nehmer eingewil­ligt hat, §§ 4 Abs. 1, 4a BDSG, oder, nach § 32 BDSG, soweit dies für die Begrün­dung, Durch­führung oder Beendi­gung des Beschäf­ti­gungsver­hält­niss­es erforder­lich ist. Die Daten­er­he­bung muss also zu den genan­nten Zweck­en geeignet und erforder­lich sein. Zudem dür­fen keine über­wiegen­den Inter­essen des Arbeit­nehmers ent­ge­gen­ste­hen. Im vor­liegen­den Fall kön­nte mit guten Grün­den ein Ver­stoß des Arbeit­ge­bers gegen das BDSG bejaht wer­den: Eine hin­re­ichend konkrete Ein­willi­gung im Sinne von § 4a BDSG dürfte wohl eher nicht vorgele­gen haben. Und die Art und Weise der Kon­trolle dürfte kaum als „mildestes, ver­hält­nis­mäßiges Mit­tel“ durchge­hen. Den­noch wäre wohl nicht mit einem Beweisver­w­er­tungsver­bot hin­sichtlich der rechtswidrig erlangten Infor­ma­tio­nen zu rech­nen: Das LAG-Rhein­land-Pfalz (Urteil vom 25. Novem­ber 2014, AZ.: 8 Sa 363/14) hat ein solch­es Beweisver­w­er­tungsver­bot z. B. bei ein­er rechtswidri­gen Ein­sicht­nahme in einen dien­stlich genutzten Kalen­der, der auch die Ein­tra­gung pri­vater Ter­mine tech­nisch ermöglichte, verneint. Dies ins­beson­dere deshalb, weil der Arbeit­nehmer mit ein­er Ein­sicht­nahme rech­nen musste, z. B. im Vertre­tungs­fall. So lag auch der Fall des Her­rn Bar­bules­cu.

Let­ztlich dürfte die Kündi­gung den­noch am all­ge­meinen Ver­hält­nis­mäßigkeit­sprinzip scheit­ern: Soweit sich der zeitliche Umfang der pri­vat­en Beschäf­ti­gung in einem vertret­baren Rah­men hält, wird wohl nur eine Abmah­nung in Frage kom­men. In ein­er extremen Fal­lkon­stel­la­tion hat das LAG Nieder­sach­sen (Urteil vom 31. Mai 2010, AZ.: 12 Sa 875/09) jedoch eine außeror­dentliche Kündi­gung für zuläs­sig erachtet: Dort hat­te ein Arbeit­nehmer über einen Zeitraum von min­destens 7 Wochen arbeit­stäglich mehrere Stun­den mit pri­vat­en E‑Mail-Verkehr ver­bracht. Für seine Arbeit­sleis­tung hat­te er fak­tisch kaum noch Zeit.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Rund um die Weihnachtsfeier, Teil 2: Was Arbeitgeber sonst noch wissen sollten

Im zweiten Teil unserer kleinen Reihe klären wir, wann der Unfallversicherungsschutz auch für die Weihnachtsfeier gilt, warum es wichtig ist, deren Ende klar zu kommunizieren und welche  sozialversicherungsrechtlichen Aspekte Arbeitgeber im Blick behalten sollten. Damit die Weihnachtsfeier sicher und für alle im besten Sinne unvergesslich wird.   Wenn die Weihnachtsfeier vor der Tür steht, gibt es jede Menge zu planen....

Weihnachtsfeier: Rechte, Pflichten und Konsequenzen für Arbeitgeber

Weihnachtsfeiern bieten eine tolle Gelegenheit, das Jahr in geselliger Runde ausklingen zu lassen und das Team zu stärken. Doch Arbeitgeber müssen auch wichtige arbeitsrechtliche Vorgaben im Blick behalten: Wer muss eingeladen werden? Zählt die Teilnahme als Arbeitszeit? Wie umgehen mit Geschenken - und wie mit Fehlverhalten von Mitarbeitenden?   Alle Restaurants sind längst ausgebucht, die Einladungen sind verschickt, die Teams...