Die Mitarbeiter sind das wichtigste und wertvollste Gut eines Unternehmens. Sie am Erfolg zu beteiligen, kann den Erfolg nachhaltig sichern. Möglich ist das auf ganz verschiedene Arten, zeigt Dr. Christian Ostermaier im ersten Teil unserer Mini-Serie rund um Mitarbeiterbeteiligungen.
„Wenn Sie sich um ihre Mitarbeiter kümmern, werden sich diese um Ihr Unternehmen kümmern.“ Mit diesem Satz hat der britische Unternehmers Richard Branson, Gründer der Virgin Group, einen entscheidenden Faktor auf den Punkt gebracht: Gering motivierte Mitarbeiter wirken sich negativ auf die Produktivität und Effizienz des gesamten Unternehmens aus – nicht erst, wenn sie das Unternehmen verlassen.
Nun brauchen Mitarbeiterbindung und ‑motivation bekanntlich mehr als nur Geld. Neben einer wertschätzenden Kultur, authentischer und empathischer Führung und freien Entfaltungsmöglichkeiten im Job kann aber auch eine Beteiligung am Unternehmenserfolg die Mitarbeiter enger an das Unternehmen binden und sie motivieren.
Das Konzept der Mitarbeiterbeteiligung (auch „Employee Stock Ownership Plan“ — ESOP) beschreibt die vertragliche Beteiligung des Arbeitnehmers am Vermögen des Unternehmens. Der Arbeitgeber kann Anreize für seine Mitarbeiter schaffen, indem er sie am Schicksal des Betriebs beteiligt – vom einfachen Bonusmodell bis hin zu einer direkten Beteiligung.
Gemeinhin kennt man Mitarbeiterbeteiligungen vor allem in großen Unternehmen, am bekanntesten sind sicher die Stock Option-Programme bei Aktiengesellschaften. Doch auch kleinere Betriebe zum Beispiel in der Rechtsform der GmbH, in der die meisten deutschen Unternehmen organisiert sind, können Mitarbeiter so erfolgreich an sich binden.
Aus Arbeitgebersicht eignen sich bestimmte Modelle besonders gut für bestimmte Konstellationen, auch der Verwaltungsaufwand ist ganz unterschiedlich hoch. Einige der Modelle richten sich an alle Beschäftigten (z. B. Genussrechte), andere kommen hauptsächlich den Geschäftsführern zugute (z.B. GmbH-Anteile).
Für Arbeitnehmer sind fast alle Modelle attraktiv. Jedes davon gibt dem Arbeitnehmer mehr Informationen über das Unternehmen und auch das Recht auf Beteiligung an dessen wirtschaftlicher Entwicklung. Fest steht dabei, dass die Motivation und Bindung steigen, je näher der Arbeitnehmer an das Unternehmen und seinen Erfolg heranrückt.
Nach diesem Kriterium lassen sich die folgenden üblichen Modelle der Mitarbeiterbeteiligung unterscheiden:
Die dargestellten Modelle kann man wiederum auf Kapital- oder Erfolgsbeteiligungen aufteilen. Bei Erfolgsbeteiligungen werden Mitarbeiter am Erfolg des Gesamtunternehmens beteiligt, ihr Anteil ist von den erreichten Gewinnen oder Umsätzen abhängig. Kapitalbeteiligungen sind durch das Aufbringen einer Kapitaleinlage durch den Mitarbeiter charakterisiert. Die Kapitalbeteiligung kann dabei unterschiedlich strukturiert sein, z.B. als Eigen- oder Fremdkapital oder als Mischform.
Wohl mit am einfachsten umzusetzen ist eine Bonus-/Tantiemeregelung. Bei diesem Modell erhält der Arbeitnehmer über das Festgehalt hinaus eine zusätzliche Vergütung.
Ein Bonus hängt dabei in der Regel vom konkreten Erfolg eines Mitarbeiters oder einer Unternehmensabteilung ab. Tantiemen sind dagegen zusätzliche Zahlungen, die nicht von der individuellen Leistung, sondern vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens abhängen, es zählt meist der Erfolg des gesamten Unternehmens in Form von Umsatz oder Gewinn. In beiden Fällen geht es um das Erreichen zuvor definierter, klar messbarer Ziele.
Der wichtigste Vorteil des Modells ist, dass seine Bedingungen frei gestaltet werden können. Der Mitarbeiter erhält einen zusätzlichen Anreiz, seine ambitionierten Ziele zu erfüllen, wenn er davon unmittelbar profitiert. Allerdings hat eine Bonus-/Tantiemeregelung nur eine verhältnismäßig geringe Bindungs-/Motivationswirkung auf den Arbeitnehmer, da sie ihn nicht gesellschaftsrechtlich am Unternehmen beteiligt. Die Mitarbeiter identifizieren sich, wenn sie direkt am Unternehmenserfolg partizipieren, weit mehr mit diesem als im Falle eines reinen Geldanspruchs. Die Bonus- / Tantiemeregelung wird typischerweise per Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag geregelt, die zusätzlichen Zahlungen müssen als Lohnzahlungen über die Gehaltsabrechnung erfolgen. Steuerlich betrachtet ist eine Bonus-/ Tantiemenzahlung für das Unternehmen Gehaltsaufwand, für den Mitarbeiter ist die erhaltene Zahlung Arbeitslohn.
Unter virtueller Beteiligung (abgekürzt „VSOP“) versteht man eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, nach welcher der Arbeitnehmer einen Anteil am Erlös aus dem zukünftigen Verkauf des Unternehmens erhält. Zivilrechtlich handelt es sich bei der virtuellen Beteiligung um eine Bonusregelung in Form eines schuldrechtlichen Anspruchs, gesellschaftsrechtliche Ansprüche wie Stimm- oder Gesellschafterrechte erhalten die Arbeitnehmer dagegen nicht.
Die virtuelle Beteiligung erfolgt entweder in Form von virtuellen Optionen (“Stock Appreciation Rights”) oder durch virtuelle Aktien (“Phantom Shares oder Phantom Stocks”). Reizvoll, aber nicht nur dort immer beliebter ist das Modell zum Beispiel für Startups, die ihr Geschäft mit dem Ansatz starten, das Unternehmen später gewinnbringend zu verkaufen und am Anfang häufig über wenig liquide Mittel verfügen.
Virtuelle Beteiligungen haben für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Vorteile. Sie sind flexibel gestaltbar und Phantom Stocks gewähren dem Inhaber keine Mitsprache- und Beteiligungsrechte, was aus Gesellschaftssicht grundsätzlich positiv ist. Der Arbeitnehmer muss kein eigenes Geld aufwenden. Auch sind Phantom Stocks bei ihrer Gewährung steuerlich nicht relevant. Demgegenüber würde eine Gewährung von Geschäftsanteilen ohne Gegenleistung oder zu einem begünstigten Preis sofort zu einem steuerlichen Zufluss führen.
Bei Phantom Stocks erhalten die Mitarbeiter virtuelle Geschäftsanteile. Im Fall eines Verkaufs erhalten sie eine Zahlung, als ob sie real an der Gesellschaft beteiligt gewesen wären. Der Arbeitnehmer zahlt also erst dann Steuern, wenn ihm der entsprechende Betrag zufließt. Steuerlich wird die Zahlung dann wie eine Gehaltszahlung behandelt.
Die häufigste Variante der Fremdkapitalbeteiligung ist das Mitarbeiterdarlehen. Dabei gewähren die Mitarbeiter dem Unternehmen einen bestimmten Geldbetrag für einen bestimmten Zeitraum und zu einem bestimmten Zinssatz: Der Mitarbeiter wird zum Gläubiger der Gesellschaft.
In der Praxis finden sich solche Modelle nur selten. Einerseits muss der Mitarbeiter eigenes Geld einsetzen; andererseits ist der Aufwand für den Arbeitgeber verhältnismäßig hoch, wenn gegebenenfalls viele kleine Darlehen verrechnet werden müssen.
Der Zinssatz kann von den Gewinnen des Unternehmens abhängen, dann wird diese Art von Darlehen als partiarisches Darlehen bezeichnet. Die Zinsen werden nach der jeweiligen Kreditrückzahlung gezahlt.
Das partiarische Darlehen ist für die Arbeitnehmer vorteilhafter und mit mehr Motivation verbunden. Bei einem solchen Darlehen wird dem Arbeitnehmer (Geldgeber) statt eines festen Zinssatzes ein Anteil am Gewinn oder Umsatz gezahlt (partiarisch = gewinnabhängig). Allerdings läuft der Arbeitnehmer Gefahr, sein Kapital im Falle einer möglichen Insolvenz des Unternehmens zu verlieren. Er hat einen verhältnismäßig hohen Kapitaleinsatz, ist aber nicht an der Wertsteigerung der Gesellschaft beteiligt. Auch die Bindungs-/ Motivationswirkung des Mitarbeiters ist im Vergleich zur virtuellen Beteiligung gering. Die anspruchsberechtigten Arbeitnehmer haben nur die Gläubigerstellung und sind nicht an der Wertsteigerung der Gesellschaft beteiligt. Sie haben außerdem keinen Anspruch auf den Erlös, wenn das Unternehmen verkauft wird.
Eine solche Gestaltung kommt vor allem in Betracht, wenn leitende Mitarbeiter am Risiko beteiligt werden sollen. Aus unternehmerischer Sicht bietet das partiarische Darlehen den Vorteil eines nur geringen Verwaltungsaufwands, viele Unternehmen schätzen es zudem, dass der Mitarbeiter zwar beteiligt wird, aber keine Mitspracherechte in der GmbH erhält. Durch das reine Darlehen bekommt der Mitarbeiter nämlich noch keine Kontroll- und Mitbestimmungsrechte; aber auch an möglichen Verlusten ist er nicht beteiligt.
Zivilrechtlich kann ein partiarisches Darlehen allerdings die Vorstufe einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung des Mitarbeiters am Unternehmen sein. Aus steuerlicher Sicht ist ein partiarisches Darlehen eine Betriebsausgabe für die Gesellschaft. Auf Seiten des Arbeitnehmers handelt es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Bleiben Sie dran: Wie Genussrechte, stille Beteiligungen, Beteiligungen über eine Beteiligungsgesellschaft und natürlich eine echte Gesellschafterstellung funktionieren, für wen sie sich besonders eignen und welche Fallstricke sie bergen, erfahren Sie demnächst hier im Law Blog.
Dr. Christian Ostermaier ist Partner bei SNP Schlawien Partnerschaft mbB. Er berät Unternehmen aller Größen, meist mittelständische Unternehmen, sowie deren Gesellschafter in allen Fragen des Gesellschafts- und des Arbeitsrechts. https://de.linkedin.com/in/ostermaier-christian-898a3027
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Solicitor (England und Wales)
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