Bonusziele sollen Mitarbeiter motivieren, die Unternehmensziele zu erreichen. Das setzt aber voraus, dass der Mitarbeiter seine Ziele auch kennt – und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem er sie auch realistischerweise noch erfüllen kann, urteilt nun auch das BAG. Frühe Zielvorgaben sind für Arbeitgeber spätestens ab jetzt ein Muss.
Bereits im Oktober hatten wir über das stets aktuelle Thema der Zielvorgaben für Mitarbeiter berichtet und dabei unter anderem auch ein Urteil des Landesarbeitsgericht Köln (v. 06.02. 2024, Az. 4 Sa 390/23) vorgestellt. Die Kölner Arbeitsrichter hatten entschieden, dass eine Zielvorgabe, die erst Mitte Oktober gemacht wird, aber bis zum Ende des Geschäftsjahres (hier: 31. Dezember) erfüllt werden müsste, zu spät komme.
Der Kläger in dem Verfahren, ein ehemaliger Head of Advertising, hatte Anspruch auf eine variable Vergütung, die von der rechtzeitigen Erreichung bestimmter Ziele abhing. Laut seinem Arbeitsvertrag und der Betriebsvereinbarung sollten diese Ziele bis spätestens zum 1. März des Kalenderjahres festgelegt und mit ihm besprochen werden. Tatsächlich wurden die Unternehmensziele aber erst im September veröffentlicht, die konkreten Ziele dem Arbeitnehmer sogar erst Mitte Oktober vorgegeben. Wegen dieser Pflichtverletzung des Arbeitgebers unterstellte das LAG Köln, dass gar keine Ziele vereinbart worden seien und sprach dem Arbeitnehmer mehr als 16.000 Euro Schadensersatz zu – es nahm an, dass er bei rechtzeitiger Vorgabe die Ziele zu 100% erreicht hätte.
Am 19. Februar 2025 hat nun das Bundesarbeitsgericht (BAG, Az. 10 AZR 57/24) die Revision des Arbeitgebers zurückgewiesen; das Urteil ist damit rechtskräftig, der beklagte Arbeitgeber muss den gesamten Bonus zahlen.
Arbeitgeber: Ziele so früh wie möglich vorgeben, vereinbarte Fristen einhalten
Auch nach Ansicht des BAG hat der Arbeitgeber seine Verpflichtung zur Zielvorgabe schuldhaft verletzt, weil er zunächst keine individuellen Ziele gesetzt und die Unternehmensziele erst zu einem Zeitpunkt mitgeteilt hatte, als zwei Drittel des Zeitraums, innerhalb dessen sie zu erfüllen gewesen wären, bereits abgelaufen waren. Eine so späte Zielvorgabe war auch laut Deutschlands höchsten Arbeitsrichtern nicht mehr ausreichend, um der Motivations- und Anreizfunktion gerecht zu werden, der Bonusziele eigentlich dienen sollen.
Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers scheidet nach Ansicht des Gerichts aus: Dieser hätte nicht auf die Zielvorgabe drängen müssen, stellt das BAG klar: Allein der Arbeitgeber trage die Initiativlast für die Zielvorgaben. Macht er keine, ist er selbst schuld – und muss im Zweifel den kompletten Bonus zahlen, als hätte der Mitarbeiter sämtliche Ziele erreicht.
Für Arbeitgeber bedeutet das, dass sie ihren Mitarbeitern die Ziele so früh wie möglich vorgeben müssen. Konkrete Grenzen, wann die Zielvorgabe noch rechtzeitig und wann sie verspätet ist, hat die Rechtsprechung bisher noch nicht gesetzt. Alles, was über das erste Quartal hinausgeht, dürfte allerdings zu spät sein, da dann mehr als ein Viertel der Zeit, in der die Ziele erreicht werden könnten, verstrichen ist.
Wenn im Arbeitsvertrag und in den Regelungen über die Zielvereinbarung ein fester Zeitpunkt für die Festlegung der Ziele durch den Arbeitgeber vorgesehen ist, muss diese Frist zwingend eingehalten werden.
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