Corona-Testpflicht im Betrieb: Arbeitgeber durfte Corona-Tests einseitig anordnen

© Patrick Daxenbichler
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Eine Orch­ester­musik­erin, die sich weigerte, ange­ord­nete PCR-Tests durch­führen zu lassen, hat keinen Anspruch auf Zahlung ihres Arbeit­slohns. Die Bay­erische Staat­sop­er durfte die Tests anord­nen, entsch­ied das Bun­de­sar­beits­gericht. Ein Urteil, das hof­fentlich allen­falls recht­shis­torisch bedeut­sam ist, kom­men­tiert Dr. Chris­t­ian Oster­maier.

Ein­mal mehr hat mit dem Bun­de­sar­beits­gericht (BAG) ein Bun­des­gericht über die Recht­mäßigkeit sog. Coro­na-Maß­nah­men entsch­ieden. In Erfurt unter­lag eine Flötistin der Bay­erischen Staat­sop­er auf ganz­er Lin­ie. Die Musik­erin klagte auf Zahlung ihres Gehalts von Ende August bis Ende Okto­ber 2020, zumin­d­est wollte sie für die Zeit­en häus­lichen Übens bezahlt wer­den. Außer­dem ver­langte sie, beschäftigt zu wer­den, ohne Coro­na-Tests irgen­dein­er Art durch­führen lassen zu müssen.

Im Spät­som­mer und Herb­st 2020, ein­er der Hoch­phasen der Pan­demie, hat­te die Bay­erische Staat­sop­er eine Test­strate­gie zum Schutz der Mitar­beit­er vor Covid-19-Erkrankun­gen entwick­elt. Sie war Bestandteil ein­er Gesamt­strate­gie, zuvor hat­te das Opern­haus bauliche und organ­isatorische Maß­nah­men ergrif­f­en. Die Test­strate­gie war entwick­elt wor­den in Zusam­me­nar­beit mit einem Münch­n­er Insti­tut für Virolo­gie. Dem­nach wur­den die Beschäftigten in Risiko­grup­pen eingeteilt und je nach Gruppe in unter­schiedlichen Zeitab­stän­den verpflichtet, PCR-Tests durch­führen zu lassen, wahlweise kosten­los von der Oper zur Ver­fü­gung gestellte oder von einem selb­st aus­ge­sucht­en Anbi­eter. Ohne Tes­tung könne die Flötistin nicht an Auf­führun­gen und Proben teil­nehmen, teilte die Oper ihr mit.

Die Musik­erin weigerte sich aber, sich testen zu lassen. Die Tests seien zu unge­nau und anlass­lose Massen­tests unzuläs­sig, begrün­dete sie ihre Weigerung. Ab Ende Okto­ber legte sie Test­be­funde vor, ohne jedoch eine entsprechende Recht­spflicht anzuerken­nen. Gle­ichzeit­ig erhob sie Klage gegen den Freis­taat Bay­ern. Wie schon die Vorin­stanzen kon­nte sie aber auch das BAG nun nicht überzeu­gen.

Test-Anweisung aufgrund des Hygienekonzepts rechtmäßig

Mit der Anweisung zur Durch­führung von PCR-Tests sei der beklagte Freis­taat sein­er Pflicht nachgekom­men, die Arbeit­nehmer gegen Gefahren für Leben und Gesund­heit zu schützen, so die Richter in Erfurt. Die auf dem entwick­el­ten Hygien­ekonzept basieren­den Anweisun­gen der Oper als Arbeit­ge­berin seien recht­mäßig gewe­sen (BAG, Urt. v. 01.06.2022, Az. 5 AZR 28/22).

Mit dem aus ver­schiede­nen Maß­nah­men beste­hen­den und mit wis­senschaftlich­er Unter­stützung erar­beit­eten Hygien­eschutzkonzept habe die Oper den Spiel­be­trieb ermöglichen, die Gesund­heit ihrer Arbeit­nehmer schützen und dabei die Vor­gaben der ein­schlägi­gen Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men-Verord­nung ein­hal­ten wollen, argu­men­tiert der 5. Sen­at. Die auf dieser Grund­lage den Arbeit­nehmern erteil­ten Anweisun­gen hät­ten bil­ligem Ermessen entsprochen (§ 106 Gewer­be­ord­nung).

Den mit einem Test ver­bun­de­nen min­i­malen Ein­griff in ihre kör­per­liche Unversehrtheit habe die Musik­erin hin­nehmen müssen. Auch ihr Grun­drecht auf infor­ma­tionelle Selb­st­bes­tim­mung helfe ihr nicht weit­er, da ein pos­i­tives Testergeb­nis schon wegen der entsprechen­den Melde- und Kon­tak­t­nachver­fol­gungspflicht­en sowieso im Betrieb bekan­nt würde.

Ohne Tests kein Lohn, auch nicht fürs Üben

Weil die Musik­erin, die sich weigerte, die recht­mäßig ange­ord­neten Tests vorzule­gen, nicht wilens gewe­sen sei, ihre Arbeit­sleis­tung zu erbrin­gen, schulde die Oper ihr für den Zeitraum, in dem sie keine Tests vorgelegt hat­te, auch keine Vergü­tung, so das BAG.

Auch ihre häus­lichen Übun­gen muss der Freis­taat laut dem Sen­at nicht ent­gel­ten. Eine Vergü­tung sei nur für Übun­gen geschuldet, die auf die Proben und Auf­führun­gen bezo­gen sind. An diesen hat­te die Flötistin aber ja ger­ade nicht teilgenom­men, sie hätte also auch nicht dafür üben müssen. Einen Anspruch darauf, pauschal nicht getestet zu wer­den, habe die Arbeit­nehmerin schließlich schon deshalb nicht, weil die Bay­erische Staat­sop­er mit ihrem Hygien­ekonzept ja gezeigt habe, dass wirk­same Tes­tanord­nun­gen rechtlich sehr wohl möglich sind.

Über­raschend ist die Entschei­dung aus Erfurt nicht. Juris­ten beze­ich­nen ver­gle­ich­bare Entschei­dun­gen gern als begrüßenswert, weil sie für Arbeit­ge­ber wertvolle Klarstel­lun­gen für den Fall von Dif­feren­zen mit Arbeit­nehmern schaf­fen. Im Fall von Schutz­maß­nah­men gegen das Coro­na-Virus bleibt zu hof­fen, dass es diese Klarstel­lung nicht brauchen wird, weil ver­gle­ich­bare Maß­nah­men hof­fentlich in Zukun­ft nicht mehr nötig sein wer­den. Wün­schenswert wäre nun noch ein klares State­ment des BAG zu Ver­stößen gegen die Maskenpflicht.

Dr. Chris­t­ian Oster­maier ist Part­ner bei SNP Schlaw­ien Part­ner­schaft mbB. Er berät Unternehmen aller Größen, meist mit­tel­ständis­che Unternehmen, sowie deren Gesellschafter in allen Fra­gen des Gesellschaft­srechts und des Arbeit­srechts. https://de.linkedin.com/in/ostermaier-christian-898a3027

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Rund um die Weihnachtsfeier, Teil 2: Was Arbeitgeber sonst noch wissen sollten

Im zweiten Teil unserer kleinen Reihe klären wir, wann der Unfallversicherungsschutz auch für die Weihnachtsfeier gilt, warum es wichtig ist, deren Ende klar zu kommunizieren und welche  sozialversicherungsrechtlichen Aspekte Arbeitgeber im Blick behalten sollten. Damit die Weihnachtsfeier sicher und für alle im besten Sinne unvergesslich wird.   Wenn die Weihnachtsfeier vor der Tür steht, gibt es jede Menge zu planen....

Weihnachtsfeier: Rechte, Pflichten und Konsequenzen für Arbeitgeber

Weihnachtsfeiern bieten eine tolle Gelegenheit, das Jahr in geselliger Runde ausklingen zu lassen und das Team zu stärken. Doch Arbeitgeber müssen auch wichtige arbeitsrechtliche Vorgaben im Blick behalten: Wer muss eingeladen werden? Zählt die Teilnahme als Arbeitszeit? Wie umgehen mit Geschenken - und wie mit Fehlverhalten von Mitarbeitenden?   Alle Restaurants sind längst ausgebucht, die Einladungen sind verschickt, die Teams...