Coronavirus — können Arbeitnehmer Dienstreisen verweigern?

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Auf­grund der starken und schnellen Ver­bre­itung des Coro­n­avirus stellen sich nun viele Arbeit­nehmer die Frage, ob sie eine Dien­streise in Gebi­ete ver­weigern dür­fen, die beson­ders gefährdet sind. Zu denken ist dabei derzeit an Nordi­tal­ien (Lom­bardei) oder die chi­ne­sis­che Stadt Wuhan und ihre Umge­bung Hubei.

Generelle Pflicht zu Dienstreisen?

Zunächst regelt der Arbeitsver­trag, ob der Arbeit­nehmer über­haupt zu Dien­streisen verpflichtet ist. Nur dann, wenn Dien­streisen und die Arbeit­sleis­tung im Aus­land zum Auf­gabenge­bi­et des Arbeit­nehmers gehören, umfasst das Weisungsrecht des Arbeit­ge­bers auch eine Entsendung des Arbeit­nehmers ins Aus­land. Allerd­ings kann der Arbeit­ge­ber auch ohne arbeitsver­tragliche Regelung im Einzelfall einen konkreten Aus­land­sein­satz mit dem Mitar­beit­er ein­vernehm­lich vere­in­baren.

Weisungsrecht des Arbeitgebers nur im Rahmen des Ermessens

Für den Fall, dass der Arbeitsver­trag auch Dien­streisen vor­sieht, kön­nen Arbeit­ge­ber ihre Mitar­beit­er zu Dien­streisen entsenden. Das dür­fen sie aber nicht willkür­lich tun. Denn in § 106 Gewer­be­ord­nung (GewO) ist geregelt, dass der Arbeit­ge­ber sein Weisungsrecht nur nach „bil­ligem Ermessen“ ausüben darf. Im Rah­men des bil­li­gen Ermessens muss der Arbeit­ge­ber die Inter­essen des Arbeit­nehmers ein­er­seits und die betrieblichen Inter­essen ander­er­seits gegeneinan­der abwä­gen. Ins­beson­dere ist hier die Für­sorgepflicht des Arbeit­ge­bers zu beacht­en. Über­wiegt das Inter­esse des Arbeit­nehmers, eine Dien­streise zu ver­weigern, muss er keine arbeit­srechtlichen Sank­tio­nen – ins­beson­dere keine Abmah­nung – befürcht­en.

Situation während einer Pandemie

Seine Für­sorgepflicht verpflichtet den Arbeit­ge­ber ins­beson­dere dazu, die Gesund­heit sein­er Mitar­beit­er zu schützen. Dies gilt speziell beim Aus­bruch von Pan­demien wie derzeit dem Coro­n­avirus. Möchte nun ein Arbeit­ge­ber seinen Arbeit­nehmer in ein vom Virus beson­ders betrof­fenes Gebi­et auf Dien­streise schick­en, entspricht diese Anord­nung möglicher­weise nicht mehr dem bil­li­gen Ermessen. Hier kommt es vor allem darauf an, ob das Auswär­tige Amt eine offizielle Reise­war­nung aus­ge­sprochen hat. So beste­ht aktuell für die Region Hubei eine Reise­war­nung des Auswär­ti­gen Amtes. Im Hin­blick auf den Rest Chi­nas rät das auswär­tige Amt lediglich vor Reisen ab, die nicht notwendig sind. Auch von Reisen in bes­timmte Regio­nen in Ital­ien (z. B. Lom­bardei) rät das Auswär­tige Amt derzeit ab.

Ob es nun bere­its für eine Ver­weigerung des Arbeit­nehmers genügt, dass das Auswär­tige Amt von ein­er Reise in eine bes­timmte Region “nur” abrät, ist nur anhand aller Umstände des Einzelfalls beant­worten. Angesichts der schnellen Ver­bre­itung des Coro­n­avirus und der möglichen Mobil­ität­sein­schränkun­gen dürfte hier das Schutz­in­ter­esse des Arbeit­nehmers auch bei bloßem Abrat­en über­wiegen, auch wenn nicht eine konkrete Reise­war­nung aus­ge­sprochen wurde.

Was, wenn sich ein Arbeitnehmer bereits in einem Krisengebiet befindet?

Eine beson­dere Sit­u­a­tion beste­ht im Hin­blick auf Mitar­beit­er, die bere­its in einem gefährde­ten Gebi­et im Auf­trag ihres Arbeit­ge­bers tätig sind. Hier­bei kann die Für­sorgepflicht des Arbeit­ge­bers zu ein­er Rück­hol­ung des Mitar­beit­ers führen. Auch mildere Maß­nah­men, wie die Weisung zu bes­timmten Ver­hal­tenspflicht­en (z. B. Home­of­fice), kön­nen geboten sein.

Fazit

Im Falle ein­er Pan­demie, wie derzeit dem Coro­n­avirus, kön­nen Arbeit­nehmer Dien­streisen in gefährdete Gebi­ete ver­weigern und müssen ins­beson­dere dann keine Kon­se­quen­zen befürcht­en, wenn das Auswär­tige Amt eine Reise­war­nung für das Gebi­et aus­ge­sprochen hat. Umgekehrt trifft den Arbeit­ge­ber unter Umstän­den sog­ar die Pflicht, bere­its im Krisen­ge­bi­et tätige Mitar­beit­er zurück­zu­holen oder zumin­d­est Maß­nah­men zu deren Schutz zu tre­f­fen.

Beitrags­fo­to: Abso­lutVi­sion

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Rund um die Weihnachtsfeier, Teil 2: Was Arbeitgeber sonst noch wissen sollten

Im zweiten Teil unserer kleinen Reihe klären wir, wann der Unfallversicherungsschutz auch für die Weihnachtsfeier gilt, warum es wichtig ist, deren Ende klar zu kommunizieren und welche  sozialversicherungsrechtlichen Aspekte Arbeitgeber im Blick behalten sollten. Damit die Weihnachtsfeier sicher und für alle im besten Sinne unvergesslich wird.   Wenn die Weihnachtsfeier vor der Tür steht, gibt es jede Menge zu planen....

Weihnachtsfeier: Rechte, Pflichten und Konsequenzen für Arbeitgeber

Weihnachtsfeiern bieten eine tolle Gelegenheit, das Jahr in geselliger Runde ausklingen zu lassen und das Team zu stärken. Doch Arbeitgeber müssen auch wichtige arbeitsrechtliche Vorgaben im Blick behalten: Wer muss eingeladen werden? Zählt die Teilnahme als Arbeitszeit? Wie umgehen mit Geschenken - und wie mit Fehlverhalten von Mitarbeitenden?   Alle Restaurants sind längst ausgebucht, die Einladungen sind verschickt, die Teams...