Das Arbeitsgericht Aachen hat entschieden, dass eine Klausel, die vorsieht, dass ein Arbeitnehmer die Leasingraten für sein geleastes Dienstrad auch bei Krankheit zahlen muss, wirksam ist. Schließlich könne er das Fahrrad ja auch weiterhin nutzen. Das erhöht die Praktikabilität und damit die Attraktivität dieses bei Arbeitnehmern beliebten Modells für Unternehmen.
Dienstradleasing erfreut sich als Angebot für Arbeitnehmer wachsender Beliebtheit. Das Jobrad-Modell ermöglicht es Mitarbeitern, ein Dienstfahrrad über ihren Arbeitgeber zu leasen und dabei steuerliche Vorteile zu nutzen. Doch was passiert, wenn der Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit kein Arbeitsentgelt bekommt, von dem die Raten abgezogen werden könnten?
Während das Arbeitsgericht Osnabrück (Urteil vom 13.11.2019, Az. 3 Ca 229/19) eine Klausel, welche die Leasingrate auf den Arbeitnehmer überträgt, für unzulässig hielt, gibt es nun eine gegenteilige Entscheidung des Arbeitsgerichts Aachen (Urteil vom 2.9.2023, Az. 8 Ca 2199/22).
Was ist Dienstradleasing und wie ist es im Arbeitsrecht geregelt?
Beim Dienstradleasing stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Fahrrad wie z.B. ein E‑Bike im Rahmen eines Leasingvertrags zur Verfügung. Dabei wird oft die Möglichkeit einer Entgeltumwandlung genutzt. Der Mitarbeiter beauftragt also seinen Arbeitgeber, das Fahrrad zu bestellen, und leistet eine monatliche Umwandlung seines Brutto-Arbeitsentgelts, um die Leasingraten zu decken. Bei Dienstradleasing sind drei Parteien involviert: der Leasinggeber, der Arbeitgeber als Leasingnehmer und der Arbeitnehmer als Nutzer des Fahrrads. Es gibt separate Verträge, wobei der Nutzungsüberlassungsvertrag an das Arbeitsverhältnis gebunden ist, während der Leasingvertrag zwischen Leasinggeber und Arbeitgeber in der Regel unabhängig davon besteht.
In dem Fall, der nun vor dem Arbeitsgericht Aachen landete, nutzte ein Arbeitnehmer im Rahmen der Entgeltumwandlung zwei Fahrräder. Er wurde langfristig arbeitsunfähig und erhielt nach Ablauf der Entgeltfortzahlung Krankengeld. Während dieser Zeit, also ohne Gehalt, konnte der Arbeitgeber die Leasingraten nicht direkt vom Lohn abziehen. Nach der Rückkehr des Arbeitnehmers behielt er deshalb die während der Krankheit aufgelaufenen Leasingraten ein, als er das nächste Entgelt auszahlte.
Der Arbeitnehmer, der sich benachteiligt fühlte, berief sich darauf, dass der Fahrradüberlassungsvertrag zwischen ihm und dem Unternehmen Allgemeine Geschäftsbedingungen seien. Allgemeine Geschäftsbedingungen dürfen per Gesetz weder intransparent sein noch eine Vertragspartei unangemessen benachteiligen. Die Klausel über die Krankheitszeit hielt der Mitarbeiter aber für intransparent und sich selbst für unangemessen benachteiligt, er ging davon aus, dass sie deshalb unwirksam sei.
Arbeitsgericht Aachen: Keine AGB, keine unfaire Klausel
Das Gericht stimmte hingegen der Position des Arbeitgebers zu. Es urteilte, dass der Arbeitnehmer während des Krankengeldbezugs die Leasingraten selbst tragen müsse und der Arbeitgeber diese im Wege der Aufrechnung vom Arbeitnehmer verlangen und vom Lohn abziehen durfte. Die Zahlungspflicht bestehe laut der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Unternehmen und dem Arbeitnehmer auch in entgeltfreien Zeiten wie beim Bezug von Krankengeld.
Nach Ansicht des Gerichts liegt keine offensichtliche unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB durch die Verpflichtung zur Übernahme der Leasingraten bei Unmöglichkeit der Entgeltumwandlung. Die Regelung, dass der Arbeitnehmer unabhängig von seinem Entgelt die Leasingraten tragen muss, weicht nicht von gesetzlichen Vorschriften ab (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB). Der Nutzungsüberlassungsvertrag klärt lediglich, dass die Gegenleistung für die Nutzung während der gesamten Vertragslaufzeit erbracht werden muss, was direkt die Gegenleistung betrifft und daher nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstößt. Selbst wenn man die Klausel als „Preisnebenabrede“ einordnen würde, ergibt sich keine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, insbesondere steht sie nicht im Widerspruch zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Das Gericht argumentiert also, dass diese Klausel den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteilige und auch nicht von gesetzlichen Vorschriften abweiche. Die Idee dahinter ist nämlich, dass der Arbeitnehmer trotz Krankheit das Fahrrad weiterhin nutzen kann. Die Regelung im Vertrag sei auch nicht überraschend und stehe im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsrechts.
Das Urteil zeigt, dass beim Dienstradleasing die Verträge so formuliert werden können, dass die Leasingraten auch bei Krankheit weiterhin vom Arbeitnehmer zu tragen sind, der ja während dieses Zeitraums auch weiterhin vom Fahrrad profitiert. Arbeitgeber sollten die Klauseln in den Leasingverträgen genau prüfen und ihre Mitarbeiter über mögliche finanzielle Verpflichtungen informieren. Klare Kommunikation und Transparenz können dabei helfen, Missverständnisse zu vermeiden und ein gutes Arbeitsklima zu fördern.
Dr. Christian Ostermaier ist Partner bei SNP Schlawien Partnerschaft mbB. Er berät Unternehmen aller Größen, meist mittelständische Unternehmen, sowie deren Gesellschafter in allen Fragen des Gesellschaftsrechts, insbesondere auch bei Unternehmenstransaktionen, und des Arbeitsrechts, hier u.a. zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen, wie dem Abschluss von Betriebsvereinbarungen. Daneben berät Dr. Ostermaier leitende Angestellte, Geschäftsführer und Vorstände. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in den Bereichen Biotechnologie, Software, Handel und Versicherungen. https://de.linkedin.com/in/ostermaier-christian-898a3027
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Solicitor (England und Wales)
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