Wettbewerbsverbot für GmbH-Geschäftsführer: Schutz vor Konkurrenz auch nach dem Ausscheiden

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Arbeitsrecht | 19. September 2024
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Der Bun­des­ge­richts­hof hat klar­ge­stellt, dass eine GmbH eine Karenz­ent­schä­di­gung zurück­for­dern kann, wenn der aus­ge­schie­de­ne Geschäfts­füh­rer gegen ein ver­trag­lich fest­ge­leg­tes nach­ver­trag­li­ches Wett­be­werbs­ver­bot ver­stößt. Unter­neh­men soll­ten für kla­re Rege­lun­gen in ihren Anstel­lungs­ver­trä­gen sor­gen, um ihre Inter­es­sen auch nach dem Aus­schei­den zu schüt­zen.

 

In der dyna­mi­schen Welt der Unter­neh­mens­füh­rung spielt der Schutz vor Kon­kur­renz eine zen­tra­le Rol­le. Beson­ders für Geschäfts­füh­rer von GmbHs ist das Wett­be­werbs­ver­bot ein wich­ti­ges The­ma, das oft kom­plex und schwer ver­ständ­lich erscheint.

Wäh­rend sei­ner Amts­zeit bei einer GmbH ist der Geschäfts­füh­rer grund­sätz­lich einem Wett­be­werbs­ver­bot unter­wor­fen, auch wenn dies nicht expli­zit im Ver­trag fest­ge­schrie­ben ist. Das bedeu­tet, dass er sei­ne gesam­te Arbeits­kraft und sein Fach­wis­sen aus­schließ­lich für das Unter­neh­men ein­set­zen muss, des­sen Geschäfts­füh­rer er ist. Die­se kla­re Rege­lung soll gewähr­leis­ten, dass der Geschäfts­füh­rer sich voll und ganz auf die Inter­es­sen der Gesell­schaft kon­zen­triert.

 

Nach­ver­trag­li­ches Wett­be­werbs­ver­bot: Was gilt nach dem Aus­schei­den?

Nach Been­di­gung der Anstel­lung wird es kom­pli­zier­ter. Natür­lich hat das Unter­neh­men ein erheb­li­ches Inter­es­se dar­an, den Trans­fer von Wis­sen des Geschäfts­füh­rers an die Kon­kur­renz zu ver­hin­dern. Das geschieht in der Regel durch nach­ver­trag­li­che Wett­be­werbs­ver­bo­te, wenn das im Ver­trag expli­zit gere­gelt wur­de. Hier gibt es Unter­schie­de zwi­schen Fremd­ge­schäfts­füh­rern (die kei­ne Gesell­schafts­an­tei­le hal­ten) und Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rern (die auch Anteils­eig­ner sind). Bei Ers­te­ren wird das Wett­be­werbs­ver­bot im Anstel­lungs­ver­trag gere­gelt, bei Letz­te­ren kann es auch im Gesell­schafts­ver­trag fest­ge­legt wer­den.

Für den schei­den­den Geschäfts­füh­rer ist es eine erheb­li­che Ein­schrän­kung, nicht mehr für ein Unter­neh­men tätig zu sein, aber auch nicht für des­sen Kon­kur­renz arbei­ten zu dür­fen, ist für den Geschäfts­füh­rer eine erheb­li­che Ein­schrän­kung. Bei Arbeit­neh­mern ist des­halb ein nach­ver­trag­li­ches Wett­be­werbs­ver­bot nur wirk­sam, wenn eine Kar­renz­ent­schä­di­gung in Höhe von min­des­tens 50 % der letz­ten ver­trags­ge­mä­ßen Ver­gü­tung zuge­sagt wird. Für Fremd­ge­schäfts­füh­rer dage­gen ist die­se Fra­ge umstrit­ten. Bei Gesell­schaf­tern, die wesent­lich an der Gesell­schaft betei­ligt sind, ist ein nach­ver­trag­li­ches Wett­be­werbs­ver­bot nach ganz über­wie­gen­der Mei­nung auch ohne Kar­renz­ent­schä­di­gung mög­lich.

Nach der Recht­spre­chung des BGH ist die Zusa­ge einer Karenz­ent­schä­di­gung kei­ne Vor­aus­set­zung für die Wirk­sam­keit des nach­ver­trag­li­chen Wett­be­werbs­ver­bots bei Geschäfts­füh­rern einer GmbH. Es wird teil­wei­se in Zwei­fel gezo­gen, dass der BGH die­se Recht­spre­chung wei­ter auf­recht­erhal­ten wür­de, da immer mehr Arbeit­neh­mer­schutz­re­ge­lun­gen auch auf Fremd­ge­schäfts­füh­rer ange­wen­det wer­den.

Doch der für das Gesell­schafts­recht zustän­di­ge II. Zivil­se­nat BGH hat jüngst wie­der über eine Fra­ge zur Karenz­ent­schä­di­gung bei Geschäfts­füh­rern ent­schie­den, die Rich­ter hät­ten also die Mög­lich­keit gehabt, eine Recht­spre­chungs­än­de­rung anzu­deu­ten. Das hat er nicht getan.

 

Neu­es Urteil des BGH: Rück­zah­lung der Karenz­ent­schä­di­gung für GmbH-Geschäfts­füh­rer

Das Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs (vom 23. April 2024, Az. II ZR 99/22) bringt viel­mehr wich­ti­ge Klar­heit bezüg­lich der Rück­zah­lung von Karenz­ent­schä­di­gun­gen bei Ver­stö­ßen gegen nach­ver­trag­li­che Wett­be­werbs­ver­bo­te. Die­ses Urteil ist beson­ders rele­vant für Gesell­schaf­ten, die sicher­stel­len möch­ten, dass ihre Inter­es­sen auch nach dem Aus­schei­den eines Geschäfts­füh­rers geschützt blei­ben.

In dem Fall, über den der BGH zu ent­schei­den hat­te, war ein Geschäfts­füh­rer einer GmbH einem zwei­jäh­ri­gen nach­ver­trag­li­chen Wett­be­werbs­ver­bot unter­wor­fen. Die­ses Ver­bot soll­te ver­hin­dern, dass er bei einem Kon­kur­renz­un­ter­neh­men tätig wird und dabei ver­trau­li­che Infor­ma­tio­nen oder Geschäfts­ge­heim­nis­se der GmbH nutzt. Als Aus­gleich für den Ver­zicht wur­de eine Karenz­ent­schä­di­gung ver­ein­bart. Die­se Ent­schä­di­gung soll­te jedoch rück­wir­kend ent­fal­len, falls der Geschäfts­füh­rer gegen das Wett­be­werbs­ver­bot ver­stößt.

Ein Jahr nach sei­ner Abbe­ru­fung nahm der ehe­ma­li­ge Geschäfts­füh­rer eine Posi­ti­on bei einem kon­kur­rie­ren­den Unter­neh­men an. Dar­auf­hin for­der­te die GmbH die Rück­zah­lung der bereits gezahl­ten Karenz­ent­schä­di­gung.

 

Die Ent­schei­dung des BGH

Der BGH ent­schied, dass die Rück­for­de­rung der Karenz­ent­schä­di­gung rech­tens sei und den ehe­ma­li­gen Geschäfts­füh­rer nicht unan­ge­mes­sen belas­te. Das Gericht stell­te fest, dass ein Anspruch auf Karenz­ent­schä­di­gung nur dann besteht, wenn dies aus­drück­lich im Ver­trag fest­ge­legt wur­de. In die­sem Fall war die Ver­ein­ba­rung klar genug, auch mit Blick auf die Rück­zah­lung: Bei einem Ver­stoß gegen das Wett­be­werbs­ver­bot soll­te die Ent­schä­di­gung rück­wir­kend ent­fal­len. Einen sol­chen Ver­stoß hat auch der BGH in der Tätig­keit für das Kon­kur­renz­un­ter­neh­men gese­hen .

Nach der Recht­spre­chung des Senats muss einem Geschäfts­füh­rer einer GmbH kein Geld für ein nach­ver­trag­li­ches Wett­be­werbs­ver­bot ver­spro­chen oder gezahlt wer­den. Wenn aber eine Karenz­ent­schä­di­gung ver­ein­bart wird, kön­nen die Par­tei­en deren Höhe frei bestim­men. Unter­neh­men und Geschäfts­füh­rer kön­nen, auch das stellt der Senat klar, auch fest­le­gen, dass die Ent­schä­di­gung ent­fällt, wenn der Geschäfts­füh­rer gegen das Ver­bot ver­stößt. Das ver­sto­ße nicht gegen die Regeln des Han­dels­ge­setz­buchs und auch eine Pflicht­ver­let­zung des Unter­neh­mens, die eine ande­re Beur­tei­lung hät­te recht­fer­ti­gen kön­nen, konn­te der BGH nicht erken­nen.

Den Ein­wand des Geschäfts­füh­rers, dass die Karenz­ent­schä­di­gung als Ein­kom­mens­er­satz fest­ge­legt wor­den sei, der nicht rück­wir­kend ent­zo­gen wer­den dür­fe, hat das Gericht eben­falls nicht akzep­tiert. Schließ­lich gab es auch kei­ne Hin­wei­se dar­auf, dass das Unter­neh­men die Zah­lung ver­wei­gert und den Geschäfts­füh­rer damit ihrer­seits ver­an­lasst hät­te, eine kon­kur­rie­ren­den Tätig­keit auf­zu­neh­men.

 

Wett­be­werbs­ver­bot auch ohne Karenz­ent­schä­di­gung mög­lich

Die­ses Urteil hat bestä­tigt, dass Gesell­schaf­ten ihre Geschäfts­füh­rer ver­trag­lich an nach­ver­trag­li­che Wett­be­werbs­ver­bo­te bin­den kön­nen, ohne zwin­gend eine Karenz­ent­schä­di­gung zusa­gen zu müs­sen. Selbst­re­dend kann es aber Kon­stel­la­tio­nen geben, in denen Füh­rungs­kräf­te sich auf ein nach­ver­trag­li­ches Wett­be­werbs­ver­bot ohne eine Karenz­ent­schä­di­gung nicht ein­las­sen.

Wenn Gesell­schaf­ten sicher sein wol­len, dass das nach­ver­trag­li­che Wett­be­werbs­ver­bot einer mög­li­chen gericht­li­chen Über­prü­fung stand­hält, wird es sich eben­falls wei­ter­hin emp­feh­len, eine Kar­renz­ent­schä­di­gung zuzu­sa­gen, auch wenn sich die­se nicht zwin­gend an den Vor­ga­ben des § 74 HGB ori­en­tie­ren muss.

 

Für Gesell­schaf­ten bedeu­tet dies:

  • Klar­heit und Sicher­heit: Die Ver­trä­ge soll­ten ein­deu­ti­ge Rege­lun­gen bezüg­lich nach­ver­trag­li­cher Wett­be­werbs­ver­bo­te und der Bedin­gun­gen für eine Karenz­ent­schä­di­gung ent­hal­ten.
  • Schutz der Geschäfts­in­ter­es­sen: Mit klar for­mu­lier­ten Ver­trä­ge kön­nen Unter­neh­men sicher­stel­len, dass Geschäfts­füh­rer nach ihrem Aus­schei­den kei­ne sen­si­blen Infor­ma­tio­nen oder Geschäfts­ge­heim­nis­se bei Wett­be­wer­bern nut­zen.
  • Ver­mei­dung von Rechts­strei­tig­kei­ten: Ein­deu­ti­ge ver­trag­li­che Bestim­mun­gen mini­mie­ren das Risi­ko lang­wie­ri­ger und kost­spie­li­ger Rechts­strei­tig­kei­ten.

 

Die Rege­lun­gen rund um das Wett­be­werbs­ver­bot für Geschäfts­füh­rer sind viel­schich­tig und bedür­fen einer genau­en ver­trag­li­chen Fest­le­gung. Wäh­rend ein wäh­rend der Anstel­lung gel­ten­des Ver­bot selbst­ver­ständ­lich ist, müs­sen nach­ver­trag­li­che Ver­bo­te und mög­li­che Ent­schä­di­gun­gen klar gere­gelt wer­den. Unter­neh­men soll­ten daher sorg­fäl­tig prü­fen, wie sie ihre Inter­es­sen im Anstel­lungs­ver­trag absi­chern, um nach dem Aus­schei­den eines Geschäfts­füh­rers zu ver­hin­dern, dass die­ser sein Wis­sen mit der unlieb­sa­men Kon­kur­renz teilt.

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