Privates Kopieren von CDs und DVDs am Arbeitsplatz: IT-Verantwortlicher kassiert fristlose Kündigung

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Einem als „It-Ver­ant­wort­li­cher“ bei einem Ober­lan­des­ge­richt täti­gen Mit­ar­bei­ter war frist­los, hilfs­wei­se ordent­lich gekün­digt wor­den. Auf einem Com­pu­ter der Jus­tiz­be­hör­de, als des­sen Admi­nis­tra­tor nur der Klä­ger fest­ge­stellt wer­den konn­te, wur­den Daten von 2.466 elek­tro­ni­schen Büchern, 2.378 Bild­da­tei­en, 843 Audio­da­tei­en und 230 Video­da­tei­en gefun­den wor­den, außer­dem vier Pro­gram­me zum Umwan­deln und Kopie­ren von DVDs und CDs. Auf zwei wei­te­ren Fest­plat­ten befan­den sich sogar u.a. 41.242 Audio­da­tei­en und 1.822 Cover. Außer­dem konn­te der Ver­bleib von 2000 auf Kos­ten des Lan­des von besag­tem Mit­ar­bei­ter bestell­ten DVDs und über 1000 CDs nicht nach­voll­zo­gen wer­den. Der Mit­ar­bei­ter woll­te die Kün­di­gun­gen nicht akzep­tie­ren und klag­te dage­gen. Er räum­te ein, pri­vat mit der behör­den-eige­nen IT kopiert zu haben, dies jedoch stets nur für ande­re Mit­ar­bei­ter des OLG, nie für sich selbst. Er ver­tei­dig­te sich außer­dem damit, dass nicht nur er Zugang zu dem Rech­ner gehabt hät­te, son­dern auch ande­re Mit­ar­bei­ter, sein Pass­wort sei leicht „zu kna­cken“ gewe­sen. Auch sei ihm in gewis­sem Umfang die pri­va­te Nut­zung erlaubt gewe­sen. Über­dies befän­den sich auf dem Ser­ver der Jus­tiz­be­hör­de Tau­sen­de von pri­va­ten Datei­en, was nie bean­stan­det wor­den sei, auch ein ande­rer Mit­ar­bei­ter habe Brenn­vor­gän­ge durch­ge­führt.

Nach­dem die Instanz­ge­rich­te dem Klä­ger noch Recht gege­ben hat­ten, mit der erstaun­li­chen Begrün­dung, es lägen ledig­lich „gewis­se Ver­dachts­mo­men­te“ vor, die Beklag­te habe nicht bewei­sen kön­nen, wel­che ein­zel­nen Vor­gän­ge kon­kret dem Klä­ger anzu­las­ten waren, hat das BAG der Revi­si­on des Beklag­ten abge­hol­fen (BAG, Urteil vom 16. Juli 2015, AZ.: 2 AZR 85/15): das Ver­fah­ren wur­de zur wei­te­ren Sach­auf­klä­rung zurück­ver­wie­sen. Das BAG stell­te fest, dass eine außer­or­dent­li­che Kün­di­gung in Form der Tat­kün­di­gung unter meh­re­ren Gesichts­punk­ten in Betracht kommt:

  • Zum einen habe der Arbeit­ge­ber ganz offen­sicht­lich ein Inter­es­se dar­an, dass dienst­li­che Rech­ner nicht unter Umge­hung des Kopier­schut­zes zu pri­va­ten Zwe­cken ver­wen­det wer­den. Er kön­ne selbst auf Unter­las­sung und Besei­ti­gung in Anspruch genom­men wer­den (§§ 97 Abs. 1, 99 UrhG). Beim Vor­lie­gen einer Straf­tat im Sin­ne von § 110 UrhG kom­me auch die Ein­zie­hung des Tat­mit­tels in Betracht.
  • Da die Kopier­vor­gän­ge auch wäh­rend der Arbeits­zeit vor­ge­nom­men wor­den sei­en, ste­he zudem ein Arbeits­zeit­be­trug im Raum.
  • Die zweck­wid­ri­ge Ver­wen­dung der betriebs­ei­ge­nen DVD- und CD-Roh­lin­ge kön­ne einen wei­te­ren eigen­stän­di­gen Kün­di­gungs­grund dar­stel­len.

Das BAG weist auch völ­lig zu Recht dar­auf hin, dass die in der Beleg­schaft ver­brei­te­te pri­va­te Nut­zung der Behör­den-IT zu pri­va­ten Zwe­cken den Arbeit­neh­mer kaum ent­las­ten kann, eher deu­tet dies auf ein mit­tä­ter­schaft­li­ches Zusam­men­wir­ken im Kol­le­gen­kreis hin.

Fazit: Erstaun­lich ist, dass eine der­art mas­si­ve rechts­wid­ri­ge Nut­zung solan­ge unent­deckt blei­ben konn­te. Der Fall ver­deut­licht, wie wich­tig nicht nur die Ein­füh­rung, son­dern auch die Über­wa­chung von Ver­hal­tens­re­geln zur pri­va­ten IT-Nut­zung im Betrieb ist. Ver­säum­nis­se des Arbeit­ge­bers kön­nen nicht nur dazu füh­ren, dass trotz mas­si­ver Ver­stö­ße vor Aus­spruch einer Kün­di­gung eine Abmah­nung erfor­der­lich wird. Dar­über hin­aus besteht, zumin­dest bei weni­ger ein­deu­tig rechts­wid­ri­gen Ver­hal­tens­wei­sen, die Gefahr des Ent­ste­hens einer betrieb­li­chen Übung, auf die sich der Arbeit­neh­mer beru­fen kann.

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