Paraphe oder Unterschrift?

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Arbeit­ge­ber sind im Rah­men der Digi­ta­li­sie­rung mit der Fra­ge kon­fron­tiert, inwie­weit arbeits­recht­li­che Doku­men­te elek­tro­nisch unter­zeich­net wer­den kön­nen.  Dass es aber auch bei der her­kömm­li­chen phy­si­schen Unter­schrift zu Pro­ble­men kom­men kann, zeigt Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er. 

Aktu­ell steht für die Arbeit­ge­ber im Brenn­punkt die Fra­ge, inwie­weit arbeits­recht­li­che Doku­men­te, ins­be­son­de­re Wett­be­werbs­ver­bo­te und Kün­di­gun­gen, elek­tro­nisch unter­zeich­net wer­den kön­nen. In unse­rem Arti­kel vom 29. Sep­tem­ber 2022 gaben wir bereits einen Über­blick, wann und wie eine Unter­schrift digi­tal rechts­si­cher mög­lich ist. Den­noch kommt der her­kömm­li­chen phy­si­schen Unter­schrift im Arbeits­le­ben nach wie vor eine gro­ße Bedeu­tung zu. In letz­ter Zeit schei­tert die Ein­hal­tung von For­men ver­mehrt dar­an, dass „nicht rich­tig“ unter­schrie­ben wird:

So hat­te das LAG Hamm (Urteil vom 28. Juni 2022, Az. 17 Sa 1400/21) einen Fall zu ent­schei­den, bei dem die ord­nungs­ge­mä­ße Unter­zeich­nung der Kün­di­gung strei­tig war. Bei einer gemein­schaft­li­chen Ver­tre­tung hat­ten zwei Pro­ku­ris­ten unter­zeich­net, wobei bei einer der bei­den „Unter­schrif­ten“ strei­tig war, ob es sich wirk­lich um eine Unter­schrift oder nur um eine Para­phe han­del­te.

 

Paraphe oder Unterschrift?

Eine Unter­schrift setzt nach der Recht­spre­chung einen indi­vi­du­el­len Schrift­zug vor­aus, der sich, ohne les­bar sein zu müs­sen, als Wie­der­ga­be eines Namens dar­stellt und die Absicht einer vol­len Unter­schrifts­leis­tung erken­nen lässt. Wenn dies der Fall ist, reicht auch ein ver­ein­fach­ter, von einem star­ken Abschlei­fungs­pro­zess gekenn­zeich­ne­ter Namens­zug für die Ein­hal­tung der Schrift­form. Etwas ande­res gilt aber bei einer blo­ßen Namens­ab­kür­zung wie bei einem Hand­zei­chen oder einer Para­phe. In dem hier ent­schie­de­nen Fall hat­te das Gericht in einer „nahe­zu senk­recht ver­lau­fen­den Linie und einem kur­zen wel­len­för­mi­gen Aus­lauf“ kei­ne Unter­schrift, son­dern nur eine Para­phe gese­hen, das auch vor dem Hin­ter­grund, dass der Name der unter­zeich­ne­ten Pro­ku­ris­tin aus zwölf Buch­sta­ben bestand und die Unter­zeich­nung nur eine Län­ge von 1,0 bis 1,5 cm auf­wies. Dar­aus schloss das Gericht, dass selbst bei Anwen­dung eines groß­zü­gi­gen Maß­stabs die Absicht einer vol­len Unter­schrifts­leis­tung nicht ansatz­wei­se erkenn­bar wäre. Daher erklär­te das Gericht die Kün­di­gung man­gels Ein­hal­tung der Schrift­form für unwirk­sam.

Auch das LAG Mün­chen hat­te in sei­nem Urteil vom 2. April 2019, Az. 6 Sa 650/18 – bei einer Anwalts­un­ter­schrift – die Unter­schrift bemän­gelt und die ein­ge­leg­te Beru­fung als unzu­läs­sig ver­wor­fen; die „Unter­schrift“ des Anwalts lie­ße nicht drei Buch­sta­ben erken­nen und sei daher in Wirk­lich­keit nur eine Para­phe. Da der Anwalt zudem jeden Schrift­satz anders „unter­zeich­net“ hat­te, war es ihm auch nicht mög­lich zu argu­men­tie­ren, dass die Gerich­te bis­lang sei­ne „Unter­schrift“ als sol­che aner­kannt hät­ten.

Die Ent­schei­dun­gen brin­gen im Ergeb­nis nichts Neu­es, die­nen aber dazu, sich ins Gedächt­nis zu rufen, dass bei der Unter­zeich­nung von Doku­men­ten, ins­be­son­de­re einer Kün­di­gungs­er­klä­rung, aber auch zur Erlan­gung der Wirk­sam­keit von nach­ver­trag­li­chen Wett­be­werbs­ver­bo­ten im Rah­men von Arbeits­ver­trä­gen, zumin­dest die Min­dest­an­for­de­run­gen an die Erkenn­bar­keit einer Unter­schrift ein­zu­hal­ten sind. Inso­weit ist anzu­ra­ten, die eige­ne Unter­schrift im Hin­blick auf die oben geschil­der­ten Anfor­de­run­gen zu über­prü­fen und ggf. sogar abzu­än­dern, um ähn­li­chen Pro­ble­men vor­zu­beu­gen.

Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er ist Part­ner bei SNP Schla­wi­en Part­ner­schaft mbB berät Unter­neh­men aller Grö­ßen, meist mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men, sowie deren Gesell­schaf­ter in allen Fra­gen des Gesell­schafts­rechts und des Arbeits­rechts. https://de.linkedin.com/in/ostermaier-christian-898a3027

Bit­te beach­ten Sie auch fol­gen­de Web­i­na­re von Dr. Oster­mai­er im Febru­ar 2023

27. Febru­ar 2023, 9:30 – 12:00 Uhr | Web­i­nar
„Befris­tungs­recht im Öffent­li­chen Dienst“- WALHALLA Fach­ver­lag Semi­na­re
Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er

28. Febru­ar 2023, 9:30 – 12:00 Uhr | Web­i­nar
„Befris­tungs­recht nach WissZeitVG“ — WALHALLA Fach­ver­lag Semi­na­re
Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er

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