Paraphe oder Unterschrift?

© DragonImages/stock.adobe.com
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Arbeit­ge­ber sind im Rah­men der Digi­ta­li­sie­rung mit der Fra­ge kon­fron­tiert, inwie­weit arbeits­recht­li­che Doku­men­te elek­tro­nisch unter­zeich­net wer­den kön­nen.  Dass es aber auch bei der her­kömm­li­chen phy­si­schen Unter­schrift zu Pro­ble­men kom­men kann, zeigt Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er. 

Aktu­ell steht für die Arbeit­ge­ber im Brenn­punkt die Fra­ge, inwie­weit arbeits­recht­li­che Doku­men­te, ins­be­son­de­re Wett­be­werbs­ver­bo­te und Kün­di­gun­gen, elek­tro­nisch unter­zeich­net wer­den kön­nen. In unse­rem Arti­kel vom 29. Sep­tem­ber 2022 gaben wir bereits einen Über­blick, wann und wie eine Unter­schrift digi­tal rechts­si­cher mög­lich ist. Den­noch kommt der her­kömm­li­chen phy­si­schen Unter­schrift im Arbeits­le­ben nach wie vor eine gro­ße Bedeu­tung zu. In letz­ter Zeit schei­tert die Ein­hal­tung von For­men ver­mehrt dar­an, dass „nicht rich­tig“ unter­schrie­ben wird:

So hat­te das LAG Hamm (Urteil vom 28. Juni 2022, Az. 17 Sa 1400/21) einen Fall zu ent­schei­den, bei dem die ord­nungs­ge­mä­ße Unter­zeich­nung der Kün­di­gung strei­tig war. Bei einer gemein­schaft­li­chen Ver­tre­tung hat­ten zwei Pro­ku­ris­ten unter­zeich­net, wobei bei einer der bei­den „Unter­schrif­ten“ strei­tig war, ob es sich wirk­lich um eine Unter­schrift oder nur um eine Para­phe han­del­te.

 

Paraphe oder Unterschrift?

Eine Unter­schrift setzt nach der Recht­spre­chung einen indi­vi­du­el­len Schrift­zug vor­aus, der sich, ohne les­bar sein zu müs­sen, als Wie­der­ga­be eines Namens dar­stellt und die Absicht einer vol­len Unter­schrifts­leis­tung erken­nen lässt. Wenn dies der Fall ist, reicht auch ein ver­ein­fach­ter, von einem star­ken Abschlei­fungs­pro­zess gekenn­zeich­ne­ter Namens­zug für die Ein­hal­tung der Schrift­form. Etwas ande­res gilt aber bei einer blo­ßen Namens­ab­kür­zung wie bei einem Hand­zei­chen oder einer Para­phe. In dem hier ent­schie­de­nen Fall hat­te das Gericht in einer „nahe­zu senk­recht ver­lau­fen­den Linie und einem kur­zen wel­len­för­mi­gen Aus­lauf“ kei­ne Unter­schrift, son­dern nur eine Para­phe gese­hen, das auch vor dem Hin­ter­grund, dass der Name der unter­zeich­ne­ten Pro­ku­ris­tin aus zwölf Buch­sta­ben bestand und die Unter­zeich­nung nur eine Län­ge von 1,0 bis 1,5 cm auf­wies. Dar­aus schloss das Gericht, dass selbst bei Anwen­dung eines groß­zü­gi­gen Maß­stabs die Absicht einer vol­len Unter­schrifts­leis­tung nicht ansatz­wei­se erkenn­bar wäre. Daher erklär­te das Gericht die Kün­di­gung man­gels Ein­hal­tung der Schrift­form für unwirk­sam.

Auch das LAG Mün­chen hat­te in sei­nem Urteil vom 2. April 2019, Az. 6 Sa 650/18 – bei einer Anwalts­un­ter­schrift – die Unter­schrift bemän­gelt und die ein­ge­leg­te Beru­fung als unzu­läs­sig ver­wor­fen; die „Unter­schrift“ des Anwalts lie­ße nicht drei Buch­sta­ben erken­nen und sei daher in Wirk­lich­keit nur eine Para­phe. Da der Anwalt zudem jeden Schrift­satz anders „unter­zeich­net“ hat­te, war es ihm auch nicht mög­lich zu argu­men­tie­ren, dass die Gerich­te bis­lang sei­ne „Unter­schrift“ als sol­che aner­kannt hät­ten.

Die Ent­schei­dun­gen brin­gen im Ergeb­nis nichts Neu­es, die­nen aber dazu, sich ins Gedächt­nis zu rufen, dass bei der Unter­zeich­nung von Doku­men­ten, ins­be­son­de­re einer Kün­di­gungs­er­klä­rung, aber auch zur Erlan­gung der Wirk­sam­keit von nach­ver­trag­li­chen Wett­be­werbs­ver­bo­ten im Rah­men von Arbeits­ver­trä­gen, zumin­dest die Min­dest­an­for­de­run­gen an die Erkenn­bar­keit einer Unter­schrift ein­zu­hal­ten sind. Inso­weit ist anzu­ra­ten, die eige­ne Unter­schrift im Hin­blick auf die oben geschil­der­ten Anfor­de­run­gen zu über­prü­fen und ggf. sogar abzu­än­dern, um ähn­li­chen Pro­ble­men vor­zu­beu­gen.

Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er ist Part­ner bei SNP Schla­wi­en Part­ner­schaft mbB berät Unter­neh­men aller Grö­ßen, meist mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men, sowie deren Gesell­schaf­ter in allen Fra­gen des Gesell­schafts­rechts und des Arbeits­rechts. https://de.linkedin.com/in/ostermaier-christian-898a3027

Bit­te beach­ten Sie auch fol­gen­de Web­i­na­re von Dr. Oster­mai­er im Febru­ar 2023

27. Febru­ar 2023, 9:30 – 12:00 Uhr | Web­i­nar
„Befris­tungs­recht im Öffent­li­chen Dienst“- WALHALLA Fach­ver­lag Semi­na­re
Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er

28. Febru­ar 2023, 9:30 – 12:00 Uhr | Web­i­nar
„Befris­tungs­recht nach WissZeitVG“ — WALHALLA Fach­ver­lag Semi­na­re
Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Alternative Feiertagsregelungen: Wie Unternehmen auf religiöse Vielfalt Rücksicht nehmen können

Was tun, wenn Arbeitnehmer Weihnachten nicht feiern? In einer multikulturellen Arbeitswelt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, religiöse Vielfalt zu berücksichtigen – besonders, wenn es um Feiertage geht. Das deutsche Arbeitsrecht bietet flexible Lösungen, von Gleitzeit über Sonderurlaub bis hin zum Tausch von Feiertagen.   Auch die Bemühungen der US-amerikanischen Regierung, Inklusions- und Vielfaltsmaßnahmen zurückzudrängen, ändern nichts daran, dass wir in...

Mann bewirbt sich auf Job für „Sekretärin“: Entschädigung wegen Diskriminierung?

Die Sekretärin, der Mechaniker – alte Stereotype in Stellenanzeigen können Unternehmen teuer zu stehen kommen. Sogenannte AGG-Hopper versuchen, Fehler auszunutzen und auf Entschädigung zu klagen. Das klappt nicht immer, doch die Fälle lehren viel darüber, worauf Arbeitgeber achten sollten, wenn sie eine Stelle ausschreiben. In letzter Zeit kommt es vermehrt zu Streitigkeiten aufgrund angeblicher Diskriminierung im Bewerbungsverfahren. Es gibt eine...