Überwachung des privaten E‑Mail-Verkehrs am Arbeitsplatz 2019

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Die Über­wa­chung des pri­va­ten E‑Mail-Ver­kehrs am Arbeits­platz führt immer wie­der zu Ver­druss: In einem vom Hes­si­schen LAG ent­schie­de­nen Fall (Urteil v. 21. Sep­tem­ber 2018 – 10 Sa 601/18) wur­de der Arbeit­ge­be­rin eine lax gestal­te­te IT-Richt­li­nie zum Ver­häng­nis. Hier­nach war die pri­va­te E‑Mail-Nut­zung prin­zi­pi­ell erlaubt. Dem Arbeit­ge­ber soll­te jedoch „aus betrieb­li­chen Grün­den“ eine Über­wa­chung des E‑Mail-Accounts des Arbeit­neh­mers mög­lich sein. Der Arbeit­ge­ber emp­fahl sei­nen Ange­stell­ten, pri­va­te E‑Mails zu kenn­zeich­nen und sepa­rat zu spei­chern oder sofort zu löschen.

Beleidigung des Geschäftsführers in privater E‑Mail

Ein Seni­or Pro­duct Mana­ger, der mit dem neu­en Geschäfts­füh­rer offen­bar unzu­frie­den war, bezeich­ne­te die­sen in diver­sen pri­va­ten Mails als „Rus­sen-Arsch­loch“, „Fla­sche“ und „Idi­ot“. Einen pri­va­ten E‑Mail-Ord­ner hat­te er nicht ange­legt. Er hat­te jedoch sei­ne pri­va­ten E‑Mails noch gelöscht, bevor er sein Arbeits­ver­hält­nis selbst ordent­lich kün­dig­te.

Durchsuchung der privaten E‑Mails

Nach­dem die Arbeit­ge­be­rin von „geschäfts­schä­di­gen­de Äuße­run­gen“ ihres Seni­or Pro­duct Mana­gers erfah­ren hat­te, durch­such­te sie des­sen E‑Mail-Account für den Zeit­raum von mehr als einem Jahr, stieß dabei auch auf die ver­meint­lich gelösch­ten E‑Mails und kün­dig­te frist­los. Wegen die­ser frist­lo­sen Kün­di­gung traf man sich vor Gericht.

Entscheidung des ArbG Frankfurt a.M. v. 7.3.2018

Sowohl das Erst­ge­richt (ArbG Frank­furt a.M., Urteil v. 7. März 2018 – 6 Ca 2159/17) als auch das Beru­fungs­ge­richt hiel­ten die außer­or­dent­li­che Kün­di­gung trotz der mas­si­ven Belei­di­gun­gen für unwirk­sam. Zwar habe der Klä­ger eine rote Linie über­schrit­ten, aller­dings dürf­ten unab­hän­gig davon, dass die Vor­fäl­le zunächst hät­ten abge­mahnt wer­den müs­sen, die E‑Mails im Pro­zess nicht ver­wer­tet wer­den.

Das Inter­es­se der Arbeit­ge­be­rin an der Siche­rung von Beweis­mit­teln müs­se hin­ter das infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mungs­in­ter­es­se des Arbeit­neh­mers zurück­tre­ten. Die E‑Mail-Kon­trol­le sei nicht ver­hält­nis­mä­ßig gewe­sen, denn der Arbeit­neh­mer habe dar­auf ver­traut, dass die Äuße­run­gen den geschütz­ten pri­va­ten Bereich nicht ver­las­sen wür­den; sie wären nicht zur Kennt­nis­nah­me durch Drit­te bestimmt gewe­sen. Der Klä­ger sei nach den Richt­li­ni­en der Beklag­ten nicht ver­pflich­tet gewe­sen, einen pri­va­ten E‑Mail-Ord­ner anzu­le­gen, es habe sich nur um eine Opti­on gehan­delt.

Der Hin­weis auf die Mög­lich­keit zur Ein­sicht­nah­me „aus betrieb­li­chen Grün­den“ sei zu vage. Der Klä­ger habe nicht erken­nen kön­nen, dass jeder­zeit eine umfas­sen­de Kon­trol­le habe erfol­gen kön­nen. Die Arbeit­ge­be­rin dür­fe das Risi­ko eige­nen daten­schutz­wid­ri­gen Ver­hal­tens nicht auf den Arbeit­neh­mer ver­la­gern, indem sie die­sem frei­stel­le, wie mit pri­va­ten E‑Mails zu ver­fah­ren sei. Das letz­te Wort wird nun aber das BAG haben (Akten­zei­chen 2 AZR 564/18, noch nicht ter­mi­niert).

Fazit

Auch wenn das Urteil des Hes­si­schen LAG noch nach dem alten BDSG ent­schie­den wur­de – unter der Gel­tung der DSGVO und des BDSGneu ist es für Arbeit­ge­ber in daten­schutz­recht­li­cher Hin­sicht bekannt­lich nicht leich­ter gewor­den. Arbeit­ge­ber sind gut bera­ten, die pri­va­te Nut­zung des dienst­li­chen E‑Mail-Accounts zu pri­va­ten Zwe­cken klipp und klar zu unter­sa­gen. Pri­va­te E‑Mails unter­fal­len nach über­wie­gen­der Mei­nung schon dem Fern­mel­de­ge­heim­nis (Art. 10 GG, § 88 TKG, straf­recht­lich geschützt ins­be­son­de­re durch §§ 202b, 206 StGB).

Das führt dazu, dass bei einer Ver­mi­schung von dienst­li­chen und pri­va­ten Mails eine Kon­trol­le ohne Ein­wil­li­gung des Arbeit­neh­mers kaum mög­lich sein wird, ohne mit den gesetz­li­chen Vor­ga­ben in Kon­flikt zu gera­ten. Im Pro­zess mit dem Arbeit­neh­mer droht ein Ver­wer­tungs­ver­bot, wenn die Kon­trol­le nicht trans­pa­rent erfolgt und das Recht des Arbeit­neh­mers auf Pri­vat­heit nicht ange­mes­sen beach­tet wird, dies übri­gens auch dann, wenn die Pri­vat­nut­zung unter­sagt ist (so EGMR, Urteil v. 5. Sep­tem­ber 2017 – 61496/08, vgl. hier­zu Law-Blog v. 28. Sep­tem­ber 2017).


Bei­trags­fo­to: © meta­mor­works — Fotolia.com

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Tag des Bürohundes: So läuft’s rechtlich mit Bello im Büro

Sie senken das Stresslevel, verbreiten gute Laune und bringen Bewegung in den Büroalltag von Frauchen und Kollegen. Doch Allergien, Ängste, Sicherheits- oder Hygienevorschriften können auch gegen Hunde im Office sprechen – es ist am Arbeitgeber, die Interessen auszugleichen. Es lohnt sich, finden Dr. Christian Ostermaier und Henry.    Am 20. Juni 2025 findet deutschlandweit der Tag des Bürohundes statt. Immer...

Firmenwagen: Rauch und Dreck verboten, auch ohne Vertragsklausel

Brandlöcher, kalter Qualm und überall Schmutz – so muss sich kein Unternehmen den Firmenwagen zurückgeben lassen. Jedenfalls wenn der auch für private Fahrten genutzt wurde, haftet der Arbeitnehmer voll für die Schäden und muss für Reinigung und Ozonbehandlung zahlen, urteilt das LAG Köln. Was Arbeitnehmer wissen und worauf Arbeitgeber achten sollten.   Viele Arbeitgeber stellen ihren Mitarbeitern einen Dienstwagen nicht...