Die Überwachung des privaten E‑Mail-Verkehrs am Arbeitsplatz führt immer wieder zu Verdruss: In einem vom Hessischen LAG entschiedenen Fall (Urteil v. 21. September 2018 – 10 Sa 601/18) wurde der Arbeitgeberin eine lax gestaltete IT-Richtlinie zum Verhängnis. Hiernach war die private E‑Mail-Nutzung prinzipiell erlaubt. Dem Arbeitgeber sollte jedoch „aus betrieblichen Gründen“ eine Überwachung des E‑Mail-Accounts des Arbeitnehmers möglich sein. Der Arbeitgeber empfahl seinen Angestellten, private E‑Mails zu kennzeichnen und separat zu speichern oder sofort zu löschen.
Ein Senior Product Manager, der mit dem neuen Geschäftsführer offenbar unzufrieden war, bezeichnete diesen in diversen privaten Mails als „Russen-Arschloch“, „Flasche“ und „Idiot“. Einen privaten E‑Mail-Ordner hatte er nicht angelegt. Er hatte jedoch seine privaten E‑Mails noch gelöscht, bevor er sein Arbeitsverhältnis selbst ordentlich kündigte.
Nachdem die Arbeitgeberin von „geschäftsschädigende Äußerungen“ ihres Senior Product Managers erfahren hatte, durchsuchte sie dessen E‑Mail-Account für den Zeitraum von mehr als einem Jahr, stieß dabei auch auf die vermeintlich gelöschten E‑Mails und kündigte fristlos. Wegen dieser fristlosen Kündigung traf man sich vor Gericht.
Sowohl das Erstgericht (ArbG Frankfurt a.M., Urteil v. 7. März 2018 – 6 Ca 2159/17) als auch das Berufungsgericht hielten die außerordentliche Kündigung trotz der massiven Beleidigungen für unwirksam. Zwar habe der Kläger eine rote Linie überschritten, allerdings dürften unabhängig davon, dass die Vorfälle zunächst hätten abgemahnt werden müssen, die E‑Mails im Prozess nicht verwertet werden.
Das Interesse der Arbeitgeberin an der Sicherung von Beweismitteln müsse hinter das informationelle Selbstbestimmungsinteresse des Arbeitnehmers zurücktreten. Die E‑Mail-Kontrolle sei nicht verhältnismäßig gewesen, denn der Arbeitnehmer habe darauf vertraut, dass die Äußerungen den geschützten privaten Bereich nicht verlassen würden; sie wären nicht zur Kenntnisnahme durch Dritte bestimmt gewesen. Der Kläger sei nach den Richtlinien der Beklagten nicht verpflichtet gewesen, einen privaten E‑Mail-Ordner anzulegen, es habe sich nur um eine Option gehandelt.
Der Hinweis auf die Möglichkeit zur Einsichtnahme „aus betrieblichen Gründen“ sei zu vage. Der Kläger habe nicht erkennen können, dass jederzeit eine umfassende Kontrolle habe erfolgen können. Die Arbeitgeberin dürfe das Risiko eigenen datenschutzwidrigen Verhaltens nicht auf den Arbeitnehmer verlagern, indem sie diesem freistelle, wie mit privaten E‑Mails zu verfahren sei. Das letzte Wort wird nun aber das BAG haben (Aktenzeichen 2 AZR 564/18, noch nicht terminiert).
Auch wenn das Urteil des Hessischen LAG noch nach dem alten BDSG entschieden wurde – unter der Geltung der DSGVO und des BDSGneu ist es für Arbeitgeber in datenschutzrechtlicher Hinsicht bekanntlich nicht leichter geworden. Arbeitgeber sind gut beraten, die private Nutzung des dienstlichen E‑Mail-Accounts zu privaten Zwecken klipp und klar zu untersagen. Private E‑Mails unterfallen nach überwiegender Meinung schon dem Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG, § 88 TKG, strafrechtlich geschützt insbesondere durch §§ 202b, 206 StGB).
Das führt dazu, dass bei einer Vermischung von dienstlichen und privaten Mails eine Kontrolle ohne Einwilligung des Arbeitnehmers kaum möglich sein wird, ohne mit den gesetzlichen Vorgaben in Konflikt zu geraten. Im Prozess mit dem Arbeitnehmer droht ein Verwertungsverbot, wenn die Kontrolle nicht transparent erfolgt und das Recht des Arbeitnehmers auf Privatheit nicht angemessen beachtet wird, dies übrigens auch dann, wenn die Privatnutzung untersagt ist (so EGMR, Urteil v. 5. September 2017 – 61496/08, vgl. hierzu Law-Blog v. 28. September 2017).
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