Wieder Ärger mit privater Internet-Nutzung am Arbeitsplatz

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Der Arbeit­neh­mer­da­ten­schutz ist ein hohes Gut. Das all­ge­mei­ne Per­sön­lich­keits­recht (Art. 2 Abs.1 GG) der Anspruchs auf Ach­tung des Pri­vat- und Fami­li­en­le­bens (Art. 8 Euro­päi­sche Men­schen­rechts-Kon­ven­ti­on – EMRK) sowie ein­fach­ge­setz­lich das Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz (BDSG) begren­zen das Recht des Arbeit­ge­bers per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten von Arbeit­neh­mern belie­big zu spei­chern und zu nut­zen. Den­noch gibt es selbst­ver­ständ­lich kei­nen Frei­brief für Arbeit­neh­mer, die fir­men­ei­ge­ne IT belie­big wäh­rend der Arbeits­zeit für pri­va­te Zwe­cke zu nut­zen. In die­sem Sin­ne hat ein Kon­struk­teur die Lage falsch ein­ge­schätzt:

Die­ser hat­te wegen pri­va­ter Inter­net­nut­zung wäh­rend der Arbeits­zeit auf der fir­men­ei­ge­nen IT die frist­lo­se, hilfs­wei­se ordent­li­che Kün­di­gung kas­siert. Er zeig­te sich – obwohl er den Vor­wurf in Tei­len der Sache nach ein­räum­te — von der Vor­ge­hens­wei­se sei­ner Arbeit­ge­be­rin empört: er klag­te gegen die Kün­di­gun­gen und rüg­te (u.a.) Ver­stö­ße gegen das BDSG, TKG, TMG, TDG und sein Per­sön­lich­keits­recht. Dar­über hin­aus ver­lang­te er Scha­dens­er­satz und Schmer­zens­geld, weil er durch die ehr­ver­let­zen­den Behaup­tun­gen der Arbeit­ge­be­rin psy­chisch erkrankt sei.

Was war pas­siert?

Der Klä­ger war ein Freund ganz spe­zi­el­ler Inter­net­diens­te. Bei einer Kon­trol­le fiel auf, dass der Klä­ger wäh­rend der Arbeits­zeit nicht nur sei­ne Bank­ge­schäf­te abge­wi­ckelt hat­te, son­dern auch sehr aktiv auf Sei­ten mit Namen wie „petgirls.de“, „sklavenmarkt.de“ und „poppen.de“ unter­wegs war. Auch wur­de pikan­tes ein­schlä­gi­ges Bild­ma­te­ri­al auf sei­nem Rech­ner gefun­den. Ins­ge­samt ergab die Hoch­rech­nung der Brow­ser­aus­wer­tung inner­halb von ca. 6 Arbeits­wo­chen eine knapp 40 stün­di­ge pri­va­te Inter­net­nut­zung, also ca. eine Arbeits­wo­che.

Dies war ein­deu­tig zuviel, urteil­te das LAG Ber­lin-Bran­den­burg (Urteil vom 14. Janu­ar 2016, Az.: 5 Sa 657/15), das über die Beru­fung des Klä­gers zu ent­schei­den hat­te. Es gab der Arbeit­ge­be­rin in allen Punk­ten Recht. Sie habe sich bei der Auf­klä­rung ord­nungs­ge­mäß ver­hal­ten, ein Ver­stoß gegen BDSG oder ande­re Vor­schrif­ten lie­ge nicht vor. Die Brow­ser­aus­wer­tung war not­wen­dig und ver­hält­nis­mä­ßig. § 32 BDSG recht­fer­ti­ge die Aus­wer­tung, ein Beweis­ver­wer­tungs­ver­bot erge­be sich auch bei ande­rer Aus­le­gung nicht. Die Kla­ge des Arbeit­neh­mers hat­te in kei­nem Punkt Erfolg.

Übri­gens: Das Urteil — lei­der bis­lang soweit ersicht­lich nicht ver­öf­fent­licht – ist aus­ge­spro­chen lesens­wert, da es zu allen ein­schlä­gi­gen Pro­blem­krei­sen aus­führ­lich Stel­lung bezieht: es fin­den sich über­zeu­gen­de Aus­füh­run­gen zum Fern­mel­de­ge­heim­nis, intrans­pa­ren­ten Klau­seln zur IT-Nut­zung, Mani­pu­la­ti­ons­mög­lich­kei­ten am Brow­ser­ver­lauf, den Vor­aus­set­zun­gen des § 32 BDSG, zur Heim­lich­keit der Sach­ver­halts­auf­klä­rung sowie zur Beweis­ver­wer­tung.

Hin­weis: Das Urteil des LAG Ber­lin-Bran­den­burg ist mitt­ler­wei­le ver­öf­fent­licht, unter ande­rem auf www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de, Beck­RS 2016, 67048 und BB 2016, 891.

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