Traumreise gegen Corona-Blues – Risiken und Nebenwirkungen aus arbeitsrechtlicher Sicht

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Die Urlaubs­zeit ist da und nach dem Lock­down steigt das Rei­se­fie­ber.

Dem kommt ent­ge­gen, dass für die meis­ten EU-Län­der und die Schen­gen-asso­zi­ier­ten Staa­ten sowie bei­spiels­wei­se Groß­bri­tan­ni­en und Nord­ir­land der­zeit für tou­ris­ti­sche Zwe­cke kei­ne Rei­se­war­nun­gen mehr bestehen.

Wen das Fern­weh in ande­re Gefil­de zieht, soll­te vor­ab einen Blick in die Lis­te der Risi­ko­ge­bie­te, die vom Robert-Koch-Insti­tut (RKI) ver­öf­fent­lich wird, wer­fen. Denn ein­schlä­gi­ge Lan­des­ver­ord­nun­gen (z.B. die Baye­ri­sche Ein­rei­se-Qua­ran­tän­ever­ord­nung, EQV) sehen bei (Wie­der-) Ein­rei­se aus einem Risi­ko­ge­biet grund­sätz­lich eine 14-tägi­ge Qua­ran­tä­ne vor, soweit kein aktu­el­les ärzt­li­ches Nega­tiv­at­test vor­ge­legt wer­den kann. Aus­nah­men und Details sind unter­schied­lich gere­gelt. Wel­ches Land als Risi­ko­ge­biet ein­ge­stuft wird, kann sich jeder­zeit ändern.

Aus arbeits­recht­li­cher Sicht stel­len sich eini­ge Fra­gen:

Muss der Arbeit­neh­mer sei­nen Arbeit­ge­ber über sein Rei­se­ziel infor­mie­ren?

Wird eine Qua­ran­tä­ne­zeit auf bereits genom­me­nen Urlaub ange­rech­net?

Was gilt, wenn die Arbeit nicht wie geplant pan­de­mie­be­dingt nach dem Urlaub auf­ge­nom­men wer­den kann?

Auskunftspflicht?

An sich geht es den Arbeits­ge­ber nichts an, wo der Arbeit­neh­mer sei­nen Urlaub ver­bringt. Da der Arbeit­ge­ber sei­nen Schutz­pflich­ten gegen­über Beleg­schaft und Kun­den etc. aber nur nach­kom­men kann, wenn er über ein erhöh­tes Infek­ti­ons­ri­si­ko im Betrieb infor­miert ist, wird ihm ein ent­spre­chen­des Fra­ge­recht zuge­bil­ligt — es sei denn, der Arbeit­neh­mer arbei­tet ohne­hin aus­schließ­lich im Home­of­fice. Der kon­kre­te Urlaubs­ort muss dabei jedoch nicht genannt wer­den. Die Recht­fer­ti­gung zur Ver­ar­bei­tung der Daten ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO, § 26 Abs. 1 BDSG.

Vertaner Urlaub bei Quarantäne?

Nach § 9 Bun­des­ur­laubs­ge­setz (BurlG) gilt: Wenn ein Arbeit­neh­mer wäh­rend des Urlaubs erkrankt, so wer­den die durch ärzt­li­ches Attest nach­ge­wie­se­nen Tage der Arbeits­un­fä­hig­keit nicht auf den Jah­res­ur­laub ange­rech­net. Für den Fall einer blo­ßen Qua­ran­tä­ne besteht hin­ge­gen kein Anrech­nungs­ver­bot. Es liegt grund­sätz­lich im Risi­ko­be­reich des Arbeit­neh­mers, ob und wie er den Erho­lungs­zweck im Urlaub rea­li­sie­ren kann.

Lohnsicherung bei Reise ins Risikogebiet?

Selbst bei einer Erkran­kung besteht nach § 3 Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­setz (EFZG) nur dann ein Ent­gelt­an­spruch, wenn den Arbeit­neh­mer an der Arbeits­un­fä­hig­keit kein Ver­schul­den trifft. Das­sel­be gilt, wenn der Arbeit­neh­mer sich in Qua­ran­tä­ne bege­ben muss: § 616 BGB setzt für den Zah­lungs­an­spruch bei vor­über­ge­hen­der Ver­hin­de­rung aus per­sön­li­chem Grund vor­aus, dass dem Arbeit­neh­mer kein Ver­schul­den vor­zu­wer­fen ist. Schließ­lich spielt auch beim Ent­schä­di­gungs­an­spruch nach dem Infek­ti­ons­schutz­ge­setz (IFSG) der Ver­schul­dens­aspekt eine Rol­le (§ 56 Abs. 1 S. 3 IFSG).

Begibt sich der Rei­sen­de sehen­den Auges in ein Risi­ko­ge­biet, um dort Erho­lung zu suchen, kann man wohl durch­aus ein leicht­fer­ti­ges Ver­hal­ten gegen eige­ne Inter­es­sen und damit auch ein schuld­haf­tes Ver­hal­ten beja­hen. Das Baye­ri­sche Minis­te­ri­um für Gesund­heit und Pfle­ge weist expli­zit dar­auf hin, dass kei­ne Ent­schä­di­gung nach dem IFSG erhält, wer in ein Risi­ko­ge­biet reist und bei der Abrei­se weiß oder grob fahr­läs­sig nicht weiß, dass er sich bei der Wie­der­ein­rei­se nach Deutsch­land in Qua­ran­tä­ne bege­ben muss.

Mög­li­cher­wei­se kann die Rück­rei­se wegen stor­nier­ter Flü­ge oder Durch­rei­se­ver­bo­ten nicht wie geplant erfol­gen. Staat­lich orga­ni­sier­te Rück­hol­ak­tio­nen soll es nicht mehr geben. Auch hier bestehen kei­ne Ansprü­che gegen den Arbeit­ge­ber oder nach dem IFSG. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 616 BGB lie­gen schon unab­hän­gig von einem etwa­igen Ver­schul­den des Arbeit­neh­mers nicht vor, denn das Risi­ko, recht­zei­tig zu sei­nem Arbeits­platz zu gelan­gen, trägt der Arbeit­neh­mer.

Fazit:

Bevor Berufs­tä­ti­ge ihre Kof­fer für die Traum­rei­se in der Fer­ne packen, soll­ten Sie sich bewusst­ma­chen, dass sie gege­be­nen­falls Ver­dien­st­ein­bu­ßen in nicht uner­heb­li­cher Höhe in Kauf neh­men müs­sen. Unter Umstän­den kommt sogar eine Abmah­nung in Betracht, wenn die Arbeits­ver­hin­de­rung wis­sent­lich her­bei­ge­führt wur­de.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Mann bewirbt sich auf Job für „Sekretärin“: Entschädigung wegen Diskriminierung?

Die Sekretärin, der Mechaniker – alte Stereotype in Stellenanzeigen können Unternehmen teuer zu stehen kommen. Sogenannte AGG-Hopper versuchen, Fehler auszunutzen und auf Entschädigung zu klagen. Das klappt nicht immer, doch die Fälle lehren viel darüber, worauf Arbeitgeber achten sollten, wenn sie eine Stelle ausschreiben. In letzter Zeit kommt es vermehrt zu Streitigkeiten aufgrund angeblicher Diskriminierung im Bewerbungsverfahren. Es gibt eine...

Bundesarbeitsgericht bestätigt: Arbeitgeber muss 100% Bonus für verspätete Zielvorgabe zahlen

Bonusziele sollen Mitarbeiter motivieren, die Unternehmensziele zu erreichen. Das setzt aber voraus, dass der Mitarbeiter seine Ziele auch kennt – und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem er sie auch realistischerweise noch erfüllen kann, urteilt nun auch das BAG. Frühe Zielvorgaben sind für Arbeitgeber spätestens ab jetzt ein Muss.   Bereits im Oktober hatten wir über das stets aktuelle Thema...