Alternative Feiertagsregelungen: Wie Unternehmen auf religiöse Vielfalt Rücksicht nehmen können

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Was tun, wenn Arbeit­neh­mer Weih­nach­ten nicht fei­ern? In einer mul­ti­kul­tu­rel­len Arbeits­welt ste­hen Unter­neh­men vor der Her­aus­for­de­rung, reli­giö­se Viel­falt zu berück­sich­ti­gen – beson­ders, wenn es um Fei­er­ta­ge geht. Das deut­sche Arbeits­recht bie­tet fle­xi­ble Lösun­gen, von Gleit­zeit über Son­der­ur­laub bis hin zum Tausch von Fei­er­ta­gen.

 

Auch die Bemü­hun­gen der US-ame­ri­ka­ni­schen Regie­rung, Inklu­si­ons- und Viel­falts­maß­nah­men zurück­zu­drän­gen, ändern nichts dar­an, dass wir in einer zuneh­mend mul­ti­kul­tu­rel­len und reli­gi­ös viel­fäl­ti­gen Gesell­schaft leben. Unter­neh­men stellt das vor die Her­aus­for­de­rung, auf die Bedürf­nis­se ihrer Arbeit­neh­mer Rück­sicht zu neh­men, die unter­schied­li­che reli­giö­se Fei­er­ta­ge bege­hen.

Beson­ders bei christ­li­chen Fei­er­ta­gen wie Weih­nach­ten stellt sich die Fra­ge, wie Unter­neh­men fai­re und fle­xi­ble Lösun­gen für Beschäf­tig­te fin­den kön­nen, die die­se Fei­er­ta­ge nicht fei­ern. Hier­bei spielt das Arbeits­recht eine zen­tra­le Rol­le, um sowohl die Rech­te der Arbeit­neh­mer zu schüt­zen als auch den betrieb­li­chen Ablauf zu gewähr­leis­ten.

 

Reli­giö­se Fei­er­ta­ge und das Arbeits­recht

Gemäß § 9 Arbeits­zeit­ge­setz (ArbZG) sind gesetz­li­che Fei­er­ta­ge arbeits­frei, sofern kei­ne Aus­nah­me­re­ge­lun­gen grei­fen. Arbeit­neh­mer haben an gesetz­li­chen Fei­er­ta­gen Anspruch auf Frei­stel­lung von der Arbeit bei Fort­zah­lung ihres Arbeits­ent­gelts gemäß § 2 Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­setz (EFZG).

Die genau­en Fei­er­ta­ge wer­den durch die Fei­er­tags­ge­set­ze der Bun­des­län­der fest­ge­legt. In den meis­ten Bun­des­län­dern gehö­ren Weih­nach­ten, Ostern und Pfings­ten zu den gesetz­lich aner­kann­ten Fei­er­ta­gen, die vor­nehm­lich auf christ­li­chen Tra­di­tio­nen beru­hen. Ande­re reli­giö­se Fei­er­ta­ge, wie etwa das isla­mi­sche Opfer­fest oder das jüdi­sche Neu­jahrs­fest, sind hin­ge­gen hier­zu­lan­de kei­ne gesetz­li­chen Fei­er­ta­ge. Doch auch Ange­hö­ri­ge ande­rer Reli­gio­nen möch­ten ihre reli­giö­sen Fei­er­ta­ge bege­hen, auch wenn die­se nicht als gesetz­li­che Fei­er­ta­ge aner­kannt sind.

 

Alternative Feiertagsregelungen

Das deut­sche Arbeits­recht bie­tet ver­schie­de­ne Ansät­ze, wie Unter­neh­men ihren Mit­ar­bei­tern alter­na­ti­ve Rege­lun­gen anbie­ten kön­nen, um reli­giö­se Viel­falt zu berück­sich­ti­gen, ohne die betrieb­li­che Ord­nung zu beein­träch­ti­gen.

  1. Urlaubs­an­spruch für reli­giö­se Fei­er­ta­ge
    Zunächst kön­nen Arbeit­neh­mer natür­lich ihre regu­lä­ren Urlaubs­ta­ge für reli­giö­se Fei­er­ta­ge nut­zen. Gemäß § 7 Bun­des­ur­laubs­ge­setz (BUrlG) hat der Arbeit­ge­ber bei der Urlaubs­ge­wäh­rung grund­sätz­lich die Wün­sche der Arbeit­neh­mer zu berück­sich­ti­gen, es sei denn, betrieb­li­che Grün­de oder drin­gen­de sozia­le Belan­ge ande­rer Arbeit­neh­mer spre­chen dage­gen. Wünscht ein Arbeit­neh­mer Urlaub wegen eines reli­giö­sen Fei­er­ta­ges, wird mit Blick auf die grund­ge­setz­lich geschütz­te Reli­gi­ons­frei­heit ein Anspruch auf Urlaubs­ge­wäh­rung bestehen. Einen Anspruch auf bezahl­ten Son­der­ur­laub an reli­giö­sen Fei­er­ta­gen, die nicht gesetz­lich aner­kannt sind, haben Arbeit­neh­mer nicht.
  2. Unbe­zahl­ter Son­der­ur­laub
    Den­noch besteht in den meis­ten Bun­des­län­dern — mit unter­schied­li­chen Ein­schrän­kun­gen — ein Frei­stel­lungs­an­spruch in der Regel für jüdi­sche, teil­wei­se aber auch aus­drück­lich für mus­li­mi­sche, isla­mi­sche oder ale­vi­ti­sche Fei­er­ta­ge. Manch­mal bezie­hen die Vor­schrif­ten sich auch ganz all­ge­mein auf Fei­er­ta­ge, die von Kir­chen oder aner­kann­ten Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten began­gen wer­den. Aus dem Frei­stel­lungs­an­spruch ergibt sich jedoch kein Ver­gü­tungs­an­spruch.
  3. Gleit­zeit und Arbeits­zeit­kon­ten
    Fle­xi­ble Arbeits­zeit­mo­del­le wie Gleit­zeit oder Arbeits­zeit­kon­ten bie­ten eine prak­ti­ka­ble Lösung für Mit­ar­bei­ter, die an christ­li­chen Fei­er­ta­gen arbei­ten – soweit dies recht­lich zuläs­sig ist – und statt­des­sen an ihren eige­nen reli­giö­sen Fei­er­ta­gen frei­neh­men möch­ten. Im Rah­men einer Gleit­zeit­ver­ein­ba­rung kön­nen Arbeit­neh­mer ihre Arbeits­zei­ten selbst­stän­dig gestal­ten und so reli­giö­se Ver­pflich­tun­gen bes­ser wahr­neh­men. Arbeits­zeit­kon­ten ermög­li­chen es, Über­stun­den zu sam­meln und die­se zu einem spä­te­ren Zeit­punkt, etwa an einem reli­giö­sen Fei­er­tag, abzu­bau­en.
  4. Tausch von Fei­er­ta­gen
    Eini­ge Unter­neh­men bie­ten ihren Mit­ar­bei­tern dar­über hin­aus die Mög­lich­keit, gesetz­li­che Fei­er­ta­ge, die sie nicht fei­ern, gegen ande­re freie Tage zu tau­schen. Sol­che Rege­lun­gen sind nicht gesetz­lich gere­gelt, kön­nen jedoch durch indi­vi­du­el­le Ver­ein­ba­run­gen oder betrieb­li­che Rege­lun­gen wie Betriebs­ver­ein­ba­run­gen imple­men­tiert wer­den. Das gilt aber nur unter der Vor­aus­set­zung, dass bei dem Arbeit­ge­ber an dem gesetz­li­chen Fei­er­tag gear­bei­tet wer­den darf. Der Betriebs­rat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) ein Mit­be­stim­mungs­recht bei der Ein­füh­rung und Gestal­tung sol­cher Model­le, da sie die Arbeits­zeit betref­fen.

Antidiskriminierung und religiöse Vielfalt

Das All­ge­mei­ne Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG) spielt bei der Gestal­tung von Fei­er­tags­re­ge­lun­gen in Unter­neh­men eine zen­tra­le Rol­le. Gemäß § 1 AGG dür­fen Arbeit­neh­mer nicht auf­grund ihrer Reli­gi­on oder Welt­an­schau­ung benach­tei­ligt wer­den. Unter­neh­men sind daher gehal­ten, eine dis­kri­mi­nie­rungs­freie Arbeits­um­ge­bung zu schaf­fen, was auch die Rück­sicht­nah­me auf reli­giö­se Fei­er­ta­ge beinhal­ten kann.

Obwohl auch das AGG kei­nen Anspruch auf Son­der­ur­laub für reli­giö­se Fei­er­ta­ge begrün­det, sind Unter­neh­men gut bera­ten, die reli­giö­sen Bedürf­nis­se ihrer Arbeit­neh­mer im Auge zu behal­ten, um das Risi­ko von Dis­kri­mi­nie­rung zu mini­mie­ren und ein inklu­si­ves Arbeits­kli­ma zu för­dern. Beson­ders im Rah­men der Urlaubs­pla­nung soll­ten Arbeit­ge­ber sicher­stel­len, dass die reli­giö­sen Über­zeu­gun­gen von Min­der­hei­ten berück­sich­tigt wer­den.

Flexible und inklusive Lösungen für alle Mitarbeiter

Ange­sichts der recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen bie­tet das deut­sche Arbeits­recht kei­ne aus­drück­li­che Rege­lung, die Arbeit­neh­mern garan­tier­ten Son­der­ur­laub für nicht-christ­li­che reli­giö­se Fei­er­ta­ge gewährt. Unter­neh­men kön­nen jedoch durch fle­xi­ble Arbeits­zeit­mo­del­le, Urlaubs­re­ge­lun­gen und den Tausch von Fei­er­ta­gen auf die reli­giö­sen Bedürf­nis­se ihrer Beleg­schaft Rück­sicht neh­men. Die­se Maß­nah­men för­dern nicht nur die Zufrie­den­heit der Mit­ar­bei­ter, son­dern tra­gen auch zu einer respekt­vol­len und dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Arbeits­kul­tur bei.

Unter­neh­men, die alter­na­ti­ve Fei­er­tags­re­ge­lun­gen ein­füh­ren möch­ten, soll­ten eng mit dem Betriebs­rat zusam­men­ar­bei­ten und kla­re Richt­li­ni­en auf­stel­len, um Trans­pa­renz und Fair­ness zu gewähr­leis­ten. Auf die­se Wei­se kön­nen reli­giö­se Viel­falt und betrieb­li­che Erfor­der­nis­se erfolg­reich in Ein­klang gebracht wer­den.

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