Für die Dauer der Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen gibt es keinen festen Prozentsatz – das hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt. Die Dauer der Befristung, die Art der Tätigkeit, die nötige Einarbeitung: Es kommt auf den Einzelfall an. Klar ist aber immerhin, was passiert, wenn die Probezeit im Vertrag zu lang war.
Befristete Arbeitsverhältnisse können von Vorteil sein, ob nun für ein Unternehmen, das noch nicht weiß, ob ein Projekt fortgesetzt wird, oder für einen Arbeitnehmer, der sich lieber offen lassen möchte, wie es weiter geht. Auch im befristeten Arbeitsverhältnis ist es zulässig, eine Probezeit zu vereinbaren, aber nicht beliebig.
15 Abs. 3 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) verlangt nämlich, dass eine Probezeit „im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und Art der Tätigkeit“ stehen muss. In einem Fall, über den kürzlich das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden hat, war eine Frau ab dem 22. August 2022 als Advisor im Kundenservice beim dem Arbeitgeber angestellt gewesen, den sie später verklagte. Ihr Arbeitsvertrag war befristet auf ein Jahr, kündbar mit den gesetzlichen Fristen. Vereinbart wurden vier Monate Probezeit mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist. Noch während dieser Probezeit, am 10. Dezember, kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 28. Dezember 2022.
Die Arbeitnehmerin wehrte sich dagegen: Sie hielt die Probezeit für unverhältnismäßig lang und argumentierte, dass das Arbeitsverhältnis frühestens zum 15. Januar 2023 enden könne, da die gesetzliche Mindestkündigungsfrist von einem Monat (§ 622 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch) gelte. Außerdem meinte sie, dass die zu lange Probezeit zur Unwirksamkeit der Probezeitklausel und diese wiederum zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 15 Abs. 4 TzBfG führen würde. Nach der Vorschrift ist ein befristetes Arbeitsverhältnis nämlich nur dann ordentlich kündbar, wenn das vertraglich vereinbart ist – wäre die Klausel im Arbeitsvertrag also unwirksam, gäbe es keine vertragliche Vereinbarung, argumentierte die gekündigte Arbeitnehmerin. Außerdem war sie der Ansicht, dass die Wartezeit gemäß § 1 Abs. 1 KSchG von sechs auf drei Monate zu verkürzen sei.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) gab ihr zunächst immerhin noch ein wenig Recht. Die Richter sahen einen Regelwert von 25 % der Befristungsdauer als angemessen an, bei einem auf ein Jahr befristeten Vertrag also von drei Monaten. Dennoch hielt das Gericht die Kündigung insgesamt für wirksam zum nächstmöglichen Termin, also zum 15. Januar 2023.
Zu lange Probezeit: Kündigung trotzdem zum nächstmöglichen Termin wirksam
In der nächsten Instanz lief es noch schlechter für sie: Das BAG lehnte in seinem Urteil (vom 30. Oktober 2025, Az. 2 AZR 160/24) auch einen festen Regelwert für die Probezeit ab. Ob die Dauer einer vereinbarten Probezeit angemessen ist, sei bei einem befristeten Arbeitsvertrag vielmehr in jedem Einzelfall zu beurteilen.
Die klagende Mitarbeiterin im Kundenservice musste laut Einarbeitungsplan 16 Wochen lang eingearbeitet werden. Deshalb hielt das BAG die viermonatige Probezeit in ihrem Fall für verhältnismäßig.
Und selbst dann, wenn eine zu lange Probezeit vereinbart worden wäre, hätte das nicht automatisch dazu geführt, dass die Kündigung unwirksam wäre oder sich die gesetzliche Wartezeit für den allgemeinen Kündigungsschutz verkürzen führen würde, stellten die Erfurter Richter klar. Wird im Arbeitsvertrag eine zu lange Probezeit vereinbart, führt das laut dem BAG vielmehr nur dazu, dass die Kündigung innerhalb der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist (hier ein Monat) beziehungsweise zum nächstmöglichen vertraglich vereinbarten Termin wirksam wird.
Hinsichtlich der Folgen einer zu langen Probezeit haben Deutschlands höchste Arbeitsrichter mit ihrer Entscheidung also Rechtssicherheit geschaffen. Die Ablehnung von Prozentwerten für die Angemessenheit der Probezeitdauer hingegen ist problematisch für Unternehmen und Personalabteilungen. Fest steht: Es kommt auf die Dauer der Befristung, den Einarbeitungsbedarf, die Komplexität von Tätigkeit und Einarbeitung und ähnliche Umstände an. Echte Rechtssicherheit aber bietet das dem Arbeitgeber nicht.
Praxistipp:
Arbeitgeber sind in jedem Fall gut beraten, die Dauer der Probezeit in jedem, insbesondere aber im befristeten Arbeitsverhältnis mit Bedacht zu wählen. Die Gründe für die gewählte Dauer der Probezeit sollten sie idealerweise stets dokumentieren.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Solicitor (England und Wales)
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