Abfindungsvereinbarung: Falsche Formulierung kann Unternehmen teuer zu stehen kommen

© vegefox.com/stock.adobe.com
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Das Thüringer Lan­desar­beits­gericht hat einem Arbeit­nehmer eine Abfind­ung von rund 140.000 Euro zuge­sprochen – obwohl er selb­st gekündigt hat­te. Der Grund: Die Abfind­ungsvere­in­barung in seinem Arbeitsver­trag war schlecht for­muliert. Das soll­ten Arbeit­ge­ber unbe­d­ingt ver­hin­dern und ihre Abfind­ungsklauseln sich­er gestal­ten. 

Das Thüringer Lan­desar­beits­gericht entsch­ied am 14. Dezem­ber 2023  in einem lang­wieri­gen Rechtsstre­it zugun­sten des kla­gen­den Arbeit­nehmers. Die beklagte Arbeit­ge­berin hat­te gegen ein vor­ange­gan­ge­nes Urteil des Arbeits­gerichts Erfurt Beru­fung ein­gelegt, um die Zahlung ein­er Abfind­ung in Höhe von knapp 140.000 Euro brut­to doch noch zu ver­hin­dern. Doch ihre Beru­fung wurde zurück­gewiesen, die Revi­sion nicht zuge­lassen. Das Unternehmen muss die volle Summe zahlen.

Hin­ter­grund der juris­tis­chen Auseinan­der­set­zung war eine Zusatzvere­in­barung zum Arbeitsver­trag, die der kla­gende Arbeit­nehmer mit sein­er dama­li­gen Arbeit­ge­berin abgeschlossen hat­te. Diese Vere­in­barung enthielt eine Regelung, nach der im Falle ein­er Kündi­gung oder ein­vernehm­lichen Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es eine Min­destabfind­ung zu zahlen war.

Während die Arbeit­ge­berin argu­men­tierte, dass die Abfind­ungszahlung nur bei ein­er Kündi­gung durch den Arbeit­ge­ber gezahlt wer­den müsse, entsch­ied das Gericht zugun­sten des kla­gen­den Arbeit­nehmers und erkan­nte den Anspruch auf die Abfind­ung auch im Falle ein­er Eigenkündi­gung des Arbeit­nehmers an (Urt. v. 14.12.2023, Az. 5 SA 170/22).

Das Gericht begrün­dete seine Entschei­dung damit, dass die Klausel in der Zusatzvere­in­barung ein­deutig for­muliert sei und keine Unter­schei­dung zwis­chen arbeit­ge­ber- und arbeit­nehmer­seit­iger Kündi­gung vorse­he. Die Regelung sah vor, dass der Arbeit­nehmer im Falle ein­er Kündi­gung oder ein­vernehm­lichen Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es einen Anspruch auf Abfind­ung für den Ver­lust des Arbeit­splatzes habe. Diese For­mulierung lasse keinen Raum für eine restrik­tive Ausle­gung, die die Abfind­ungszahlung nur bei ein­er Kündi­gung durch den Arbeit­ge­ber vorse­he.

Das Gericht berück­sichtigte auch die Beglei­tum­stände und die Moti­va­tion der Parteien bei Abschluss der Zusatzvere­in­barung. Es stellte fest, dass sich die Arbeit­ge­berin damals in ein­er wirtschaftlich schwieri­gen Lage befun­den und ver­sucht hat­te, lei­t­ende Mitar­beit­er trotz eingeschränk­ter finanzieller Mit­tel an das Unternehmen zu binden. Die Abfind­ungsregelung habe daher auch dem Zweck gedi­ent, die Mitar­beit­er langfristig zu hal­ten und ihr Ver­trauen in das Unternehmen zu stärken.

 

Prax­is­tipps für Arbeit­ge­ber

Abfind­ungsklauseln in Arbeitsver­hält­nis­sen sind eine Aus­nahme. Sie soll­ten nur dann in Betra­cht gezo­gen wer­den, wenn sie in Einzelfällen zur Absicherung von Mitar­beit­ern erforder­lich sind.

Es sind einige wichtige Punk­te zu beacht­en, wenn es um die Inte­gra­tion von Abfind­ungsklauseln in Arbeitsverträge geht:

  1. Notwendigkeit prüfen: Evaluieren Sie genau, ob eine Abfind­ungsklausel im Arbeitsver­trag in der spez­i­fis­chen Sit­u­a­tion wirk­lich erforder­lich ist, um poten­zielle Risiken für das Unternehmen zu min­dern.
  2. Klarheit und Präzi­sion: For­mulieren Sie die Abfind­ungsklausel im Arbeitsver­trag klar und präzise, um Missver­ständ­nisse zu ver­mei­den und sicherzustellen, dass die Bedin­gun­gen für die Abfind­ungszahlung ein­deutig definiert sind.
  3. Indi­vidu­elle Anpas­sung: Berück­sichti­gen Sie die indi­vidu­ellen Umstände des Unternehmens und passen Sie die Abfind­ungsklausel gegebe­nen­falls entsprechend an, um angemessene Bedin­gun­gen zu gewährleis­ten.

 

Dr. Chris­t­ian Oster­maier ist Part­ner bei SNP Schlaw­ien Part­ner­schaft mbB. Er berät Unternehmen aller Größen, meist mit­tel­ständis­che Unternehmen, sowie deren Gesellschafter in allen Fra­gen des Gesellschaft­srechts, ins­beson­dere auch bei Unternehmen­stransak­tio­nen, und des Arbeit­srechts, hier u.a. zu betrieb­sver­fas­sungsrechtlichen Fra­gen, wie dem Abschluss von Betrieb­svere­in­barun­gen. Daneben berät Dr. Oster­maier lei­t­ende Angestellte, Geschäfts­führer und Vorstände. Er ver­fügt über umfan­gre­iche Erfahrung in den Bere­ichen Biotech­nolo­gie, Soft­ware, Han­del und Ver­sicherun­gen. https://de.linkedin.com/in/ostermaier-christian-898a3027

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Rund um die Weihnachtsfeier, Teil 2: Was Arbeitgeber sonst noch wissen sollten

Im zweiten Teil unserer kleinen Reihe klären wir, wann der Unfallversicherungsschutz auch für die Weihnachtsfeier gilt, warum es wichtig ist, deren Ende klar zu kommunizieren und welche  sozialversicherungsrechtlichen Aspekte Arbeitgeber im Blick behalten sollten. Damit die Weihnachtsfeier sicher und für alle im besten Sinne unvergesslich wird.   Wenn die Weihnachtsfeier vor der Tür steht, gibt es jede Menge zu planen....

Weihnachtsfeier: Rechte, Pflichten und Konsequenzen für Arbeitgeber

Weihnachtsfeiern bieten eine tolle Gelegenheit, das Jahr in geselliger Runde ausklingen zu lassen und das Team zu stärken. Doch Arbeitgeber müssen auch wichtige arbeitsrechtliche Vorgaben im Blick behalten: Wer muss eingeladen werden? Zählt die Teilnahme als Arbeitszeit? Wie umgehen mit Geschenken - und wie mit Fehlverhalten von Mitarbeitenden?   Alle Restaurants sind längst ausgebucht, die Einladungen sind verschickt, die Teams...