Abfindungsvereinbarung: Falsche Formulierung kann Unternehmen teuer zu stehen kommen

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Das Thü­rin­ger Lan­des­ar­beits­ge­richt hat einem Arbeit­neh­mer eine Abfin­dung von rund 140.000 Euro zuge­spro­chen – obwohl er selbst gekün­digt hat­te. Der Grund: Die Abfin­dungs­ver­ein­ba­rung in sei­nem Arbeits­ver­trag war schlecht for­mu­liert. Das soll­ten Arbeit­ge­ber unbe­dingt ver­hin­dern und ihre Abfin­dungs­klau­seln sicher gestal­ten. 

Das Thü­rin­ger Lan­des­ar­beits­ge­richt ent­schied am 14. Dezem­ber 2023  in einem lang­wie­ri­gen Rechts­streit zuguns­ten des kla­gen­den Arbeit­neh­mers. Die beklag­te Arbeit­ge­be­rin hat­te gegen ein vor­an­ge­gan­ge­nes Urteil des Arbeits­ge­richts Erfurt Beru­fung ein­ge­legt, um die Zah­lung einer Abfin­dung in Höhe von knapp 140.000 Euro brut­to doch noch zu ver­hin­dern. Doch ihre Beru­fung wur­de zurück­ge­wie­sen, die Revi­si­on nicht zuge­las­sen. Das Unter­neh­men muss die vol­le Sum­me zah­len.

Hin­ter­grund der juris­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung war eine Zusatz­ver­ein­ba­rung zum Arbeits­ver­trag, die der kla­gen­de Arbeit­neh­mer mit sei­ner dama­li­gen Arbeit­ge­be­rin abge­schlos­sen hat­te. Die­se Ver­ein­ba­rung ent­hielt eine Rege­lung, nach der im Fal­le einer Kün­di­gung oder ein­ver­nehm­li­chen Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses eine Min­dest­ab­fin­dung zu zah­len war.

Wäh­rend die Arbeit­ge­be­rin argu­men­tier­te, dass die Abfin­dungs­zah­lung nur bei einer Kün­di­gung durch den Arbeit­ge­ber gezahlt wer­den müs­se, ent­schied das Gericht zuguns­ten des kla­gen­den Arbeit­neh­mers und erkann­te den Anspruch auf die Abfin­dung auch im Fal­le einer Eigen­kün­di­gung des Arbeit­neh­mers an (Urt. v. 14.12.2023, Az. 5 SA 170/22).

Das Gericht begrün­de­te sei­ne Ent­schei­dung damit, dass die Klau­sel in der Zusatz­ver­ein­ba­rung ein­deu­tig for­mu­liert sei und kei­ne Unter­schei­dung zwi­schen arbeit­ge­ber- und arbeit­neh­mer­sei­ti­ger Kün­di­gung vor­se­he. Die Rege­lung sah vor, dass der Arbeit­neh­mer im Fal­le einer Kün­di­gung oder ein­ver­nehm­li­chen Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses einen Anspruch auf Abfin­dung für den Ver­lust des Arbeits­plat­zes habe. Die­se For­mu­lie­rung las­se kei­nen Raum für eine restrik­ti­ve Aus­le­gung, die die Abfin­dungs­zah­lung nur bei einer Kün­di­gung durch den Arbeit­ge­ber vor­se­he.

Das Gericht berück­sich­tig­te auch die Begleit­um­stän­de und die Moti­va­ti­on der Par­tei­en bei Abschluss der Zusatz­ver­ein­ba­rung. Es stell­te fest, dass sich die Arbeit­ge­be­rin damals in einer wirt­schaft­lich schwie­ri­gen Lage befun­den und ver­sucht hat­te, lei­ten­de Mit­ar­bei­ter trotz ein­ge­schränk­ter finan­zi­el­ler Mit­tel an das Unter­neh­men zu bin­den. Die Abfin­dungs­re­ge­lung habe daher auch dem Zweck gedient, die Mit­ar­bei­ter lang­fris­tig zu hal­ten und ihr Ver­trau­en in das Unter­neh­men zu stär­ken.

 

Pra­xis­tipps für Arbeit­ge­ber

Abfin­dungs­klau­seln in Arbeits­ver­hält­nis­sen sind eine Aus­nah­me. Sie soll­ten nur dann in Betracht gezo­gen wer­den, wenn sie in Ein­zel­fäl­len zur Absi­che­rung von Mit­ar­bei­tern erfor­der­lich sind.

Es sind eini­ge wich­ti­ge Punk­te zu beach­ten, wenn es um die Inte­gra­ti­on von Abfin­dungs­klau­seln in Arbeits­ver­trä­ge geht:

  1. Not­wen­dig­keit prü­fen: Eva­lu­ie­ren Sie genau, ob eine Abfin­dungs­klau­sel im Arbeits­ver­trag in der spe­zi­fi­schen Situa­ti­on wirk­lich erfor­der­lich ist, um poten­zi­el­le Risi­ken für das Unter­neh­men zu min­dern.
  2. Klar­heit und Prä­zi­si­on: For­mu­lie­ren Sie die Abfin­dungs­klau­sel im Arbeits­ver­trag klar und prä­zi­se, um Miss­ver­ständ­nis­se zu ver­mei­den und sicher­zu­stel­len, dass die Bedin­gun­gen für die Abfin­dungs­zah­lung ein­deu­tig defi­niert sind.
  3. Indi­vi­du­el­le Anpas­sung: Berück­sich­ti­gen Sie die indi­vi­du­el­len Umstän­de des Unter­neh­mens und pas­sen Sie die Abfin­dungs­klau­sel gege­be­nen­falls ent­spre­chend an, um ange­mes­se­ne Bedin­gun­gen zu gewähr­leis­ten.

 

Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er ist Part­ner bei SNP Schla­wi­en Part­ner­schaft mbB. Er berät Unter­neh­men aller Grö­ßen, meist mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men, sowie deren Gesell­schaf­ter in allen Fra­gen des Gesell­schafts­rechts, ins­be­son­de­re auch bei Unter­neh­mens­trans­ak­tio­nen, und des Arbeits­rechts, hier u.a. zu betriebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Fra­gen, wie dem Abschluss von Betriebs­ver­ein­ba­run­gen. Dane­ben berät Dr. Oster­mai­er lei­ten­de Ange­stell­te, Geschäfts­füh­rer und Vor­stän­de. Er ver­fügt über umfang­rei­che Erfah­rung in den Berei­chen Bio­tech­no­lo­gie, Soft­ware, Han­del und Ver­si­che­run­gen. https://de.linkedin.com/in/ostermaier-christian-898a3027

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