Zum 1. August 2022 muss Deutschland die neue Arbeitsbedingungenrichtline in deutsches Recht umsetzen. Auf die Arbeitgeber kommt einiger Mehraufwand zu, nicht nur beim Nachweis der Arbeitsbedingungen, zeigt Dr. Christian Ostermaier. Neu ist auch, dass beim Verstoß gegen die Nachweispflichten jetzt ein Bußgeld fällig werden kann.
Vor allem in den Unternehmen war er schon ein wenig bange erwartet worden, nun hat die Bundesregierung am 6. April einen Gesetzentwurf für die Umsetzung der sog. Arbeitsbedingungenrichtlinie in deutsches Recht verabschiedet. Bis zum 31. Juli 2022 haben die EU-Mitgliedstaaten Zeit, die „Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union im Bereich des Zivilrechts“ umzusetzen. Die Richtlinie regelt zum einen die Pflichten zur Unterrichtung über die Arbeitsbedingungen, zum anderen die Mindestanforderungen an diese Arbeitsbedingungen.
Der Regierungsentwurf für die deutsche Umsetzung sieht zwei nennenswerte Neuerungen für befristete Arbeitsverhältnisse vor. Die Vorlage stellt klar, dass eine eventuell vereinbarte Probezeit im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und Art der Tätigkeit stehen muss. Bisher hat die deutsche Rechtsprechung aus der Befristung des Arbeitsverhältnisses keine Grenze hergeleitet. Allgemein galt jedoch auch bisher, dass die Dauer der Probezeit angemessen sein muss; so kann zum Beispiel bei einer einfachen Tätigkeit eine sechsmonatige Probezeit unangemessen sein. Außerdem erhält ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer, der sein Interesse an einer Vollzeitbeschäftigung anzeigt, künftig einen Anspruch darauf, innerhalb eines Monats eine begründete Antwort zu bekommen.
Für alle Arbeitnehmer soll künftig gelten, dass, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Fortbildung anbieten muss, damit dieser seinen Job erledigen kann, er ihm die Kosten dafür nicht auferlegen darf. Eine solche Fortbildung muss nach dem Entwurf künftig zudem grundsätzlich während der regelmäßigen Arbeitszeit stattfinden, in jedem Fall aber als Arbeitszeit gelten.
Der Großteil des Regierungsentwurfs beschäftigt sich mit den Änderungen des Nachweisgesetzes (NachwG). Das Gesetz, ebenfalls Umsetzung einer EU-Richtlinie, verpflichtet Arbeitgeber seit 1995 dazu, die wesentlichen Bedingungen eines Arbeitsvertrags aufzuzeichnen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.
Nun sollen zusätzliche Punkte aufgenommen werden, die der Arbeitgeber schriftlich festhalten muss. Das sind vor allem die Dauer der Probezeit, die Fälligkeit der Auszahlung des Gehalts, vereinbarte Ruhepausen, die Möglichkeit zur Anordnung von Überstunden etc. Wird der Arbeitnehmer mehr als vier Wochen im Ausland beschäftigt, werden noch mehr Angaben nötig.
Wenn Arbeit auf Abruf vereinbart ist, muss künftig zusätzlich angegeben werden
Bisher war das Nachweisgesetz eher ein zahnloser Tiger, da ein Verstoß gegen die Nachweispflicht keine wesentlichen Folgen nach sich gezogen hat. Im Regierungsentwurf ist nun aber vorgesehen, dass ordnungswidrig handelt, wer eine der genannten wesentlichen Vertragsbedingungen nicht, nicht richtig, nicht vollständig und in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig niederlegt. Ein solcher Verstoß kann dann mit einer Geldbuße bis zu Euro 2.000 geahndet werden kann.
Vor diesem Hintergrund gewinnt dann auch die Frage an Bedeutung, inwieweit der Nachweis durch einen Arbeitsvertrag ersetzt werden kann. Nach § 2 Abs. 4 NachwG entfällt die Verpflichtung, einen gesonderten Nachweis zu erstellen, wenn dem Arbeitnehmer ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist. Im Arbeitsvertrag kann die Schriftform durch die elektronische Form (§ 126a Bürgerliches Gesetzbuch), also durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden.
Für den Nachweis nach dem NachwG aber ist die elektronische Form ausdrücklich ausgeschlossen (§ 2 Abs. 1 S. 3 NachwG). So müssen Arbeitgeber, wenn der Regierungsentwurf in der aktuellen Fassung verabschiedet wird, auch bei einem elektronisch unterzeichneten Arbeitsvertrag dem Arbeitnehmer zusätzlich noch einen schriftlichen Nachweis aushändigen. Das kann kaum so gewollt sein, eine Klarstellung durch den Gesetzgeber wäre wünschenswert.
Die Verpflichtung, zukünftig weitere Informationen in den Nachweis mit aufzunehmen, bringt für die Arbeitgeber zunächst einmal erheblichen Aufwand für die Überprüfung und Ergänzung der bestehenden Nachweise bzw. Arbeitsverträge. In der Zukunft werden die Neuregelungen fortlaufend zu zusätzlichem Aufwand führen, ohne dass sie für die Arbeitnehmer einen wesentlichen Nutzen brächten.
Für Altverträge, die schon vor dem Inkrafttreten am 1. August 2022 bestanden, sollten Arbeitgeber eine weitere wichtige Frist kennen: Auf Verlangen ist dem Arbeitnehmer binnen sieben Tagen für die besonders wichtigen Angaben bzw. binnen eines Monats für die restlichen Angaben eine (neue) Niederschrift über die wesentlichen Bedingungen seines Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.
Dr. Christian Ostermaier ist Partner bei SNP Schlawien Partnerschaft mbB. Er berät Unternehmen aller Größen, meist mittelständische Unternehmen, sowie deren Gesellschafter in allen Fragen des Gesellschafts- und des Arbeitsrechts. https://de.linkedin.com/in/ostermaier-christian-898a3027
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Solicitor (England und Wales)
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