Effektives Compliance-Management für mittelständische Unternehmen

© oatawa/stock.adobe.com
Compliance | 23. November 2023
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Für vie­le Unter­neh­men ist der Nach­weis von Com­pli­ance-Manage­ment längst Bedin­gung für einen Geschäfts­ab­schluss. Kommt es zu Regel­ver­stö­ßen im Unter­neh­men, kön­nen ohne Com­pli­ance-Maß­nah­men hohe Buß­gel­der anfal­len. Ver­ant­wort­lich und haft­bar ist der Geschäfts­füh­rer. Kla­re inter­ne Struk­tu­ren und vor­aus­schau­en­de Maß­nah­men hel­fen.

Com­pli­ance ist ein gro­ßes Wort dafür, dass Unter­neh­men sich an die Regeln hal­ten. Das klingt für die meis­ten Fir­men selbst­ver­ständ­lich – doch es reicht längst nicht mehr, davon aus­zu­ge­hen, dass sich schon alle Mit­ar­bei­ten­den regel­kon­form ver­hal­ten wer­den. Viel­mehr braucht es Werk­zeu­ge und Pro­zes­se, um für alle im Unter­neh­men Vor­ga­ben zu machen, die sicher­stel­len, dass alles im Ein­klang mit gel­ten­dem Recht ver­läuft. Die Bedeu­tung eines sol­chen effek­ti­ven Com­pli­ance-Manage­ment-Sys­tems (CMS) zur Sicher­stel­lung recht­mä­ßi­gen Han­delns in Unter­neh­men nimmt ste­tig zu.

Gerichts­ent­schei­dun­gen wie etwa das Urteil des OLG Nürn­berg vom 30.03.2022 (Az.12 U 1520/19) beto­nen, dass Geschäfts­füh­rer unab­hän­gig von der Unter­neh­mens­grö­ße ver­pflich­tet sind, kla­re inter­ne Struk­tu­ren zu schaf­fen, um Risi­ken zu kon­trol­lie­ren und recht­mä­ßi­ges Han­deln sicher­zu­stel­len. Kei­ne Com­pli­ance-Struk­tu­ren ein­zu­füh­ren kann erheb­li­che Haf­tungs­ri­si­ken mit sich brin­gen und sogar Geschäfts­ab­schlüs­se gefähr­den, wie schon diver­se Fäl­le gezeigt haben. Sowohl das Image und die Repu­ta­ti­on des Unter­neh­mens als auch des­sen finan­zi­el­le Sta­bi­li­tät kön­nen ohne ein funk­tio­nie­ren­des CMS ernst­haft gefähr­det sein.

Ins­be­son­de­re klei­ne­re und auch so man­ches mitt­le­re Unter­neh­men zei­gen oft noch Zurück­hal­tung bei der Imple­men­tie­rung eines CMS. Dar­über hin­aus ver­lan­gen immer mehr Unter­neh­men von ihren Zulie­fe­rern einen Nach­weis, dass sie über eine nach­hal­ti­ge Com­pli­ance-Struk­tur zu ver­fü­gen.

Fehlt ein ange­mes­se­nes Com­pli­ance Manage­ment Sys­tem, so kön­nen nicht nur das Anse­hen und der Ruf eines Unter­neh­mens beein­träch­tigt wer­den, son­dern auch tat­säch­li­che finan­zi­el­le Ver­lus­te auf­grund von Regel­ver­stö­ßen, die sogar bei klei­nen Unter­neh­men schnell die 100.000 Euro-Mar­ke über­schrei­ten kön­nen.

Com­pli­ance-Ver­stö­ße tre­ten auf, wenn bestehen­de Vor­ga­ben nicht beach­tet wer­den. Die Aus­wir­kun­gen kön­nen viel­fäl­tig sein und hän­gen davon ab, ob es um die Miss­ach­tung von Geset­zen, Richt­li­ni­en oder inter­nen Unter­neh­mens­vor­ga­ben geht. Es ist daher uner­läss­lich, ein soli­des Com­pli­ance-Manage­ment-Sys­tem zu imple­men­tie­ren, um sol­che Ver­stö­ße zu ver­mei­den und mög­li­che nega­ti­ve Kon­se­quen­zen zu ver­hin­dern.

 

Für feh­len­de Com­pli­ance-Struk­tu­ren haf­tet der Geschäfts­füh­rer

Seit 2021 schreibt das Gesetz über den Sta­bi­li­sie­rungs- und Restruk­tu­rie­rungs­rah­men von Unter­neh­men (Sta­RUG) ein inter­nes Kon­troll­sys­tem vor, um die Sta­bi­li­tät und Restruk­tu­rie­rung von Unter­neh­men zu sichern. Sowohl der BGH als auch das OLG Nürn­berg beto­nen die Not­wen­dig­keit eines funk­tio­nie­ren­den CMS, auch für klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men.

Das Urteil des OLG Nürn­berg ver­deut­licht die Kon­se­quen­zen unzu­rei­chen­der Kon­troll­maß­nah­men. Das Unter­neh­men der Klä­ge­rin im Mine­ral­öl­ver­trieb erlitt infol­ge der Ent­schei­dung eines Mit­ar­bei­ters, Kre­dit­li­mits zu über­schrei­ten und dies zu ver­schlei­ern, einen finan­zi­el­len Scha­den, da Kun­den auf­grund von wirt­schaft­li­chen Schwie­rig­kei­ten ihre Rech­nun­gen nicht beglei­chen konn­ten und die Kre­dit­li­mits aus­ge­schöpft waren. In die­sem Fall ent­stand ein Scha­den, weil der Geschäfts­füh­rer es ver­säum­te, ange­mes­se­ne Kon­troll- und Über­wa­chungs­sys­te­me zu imple­men­tie­ren. Durch ange­mes­se­ne Maß­nah­men wie das Vier-Augen-Prin­zip oder stich­pro­ben­ar­ti­ge Über­prü­fun­gen hät­te der Scha­den ver­hin­dert wer­den kön­nen.

Bei klei­nen Unter­neh­men küm­mern sich oft die Geschäfts­füh­rer selbst um das The­ma Com­pli­ance. In grö­ße­ren Unter­neh­men wer­den zuneh­mend Com­pli­ance-Beauf­trag­te ein­ge­setzt, die aller­dings häu­fig auch noch ande­re Auf­ga­ben haben und sich des­halb nicht voll­stän­dig der Imple­men­tie­rung und Kon­trol­le von Com­pli­ance-Maß­nah­men küm­mern kön­nen.

Unab­hän­gig davon ist und bleibt eine funk­tio­nie­ren­de Com­pli­ance die Auf­ga­be und das Risi­ko des  Geschäfts­füh­rer: Die Dele­ga­ti­on von Auf­ga­ben ent­bin­det ihn nicht von sei­ner Über­wa­chungs­pflicht. Er ist, auch wenn er mit bestimm­ten Com­pli­ance-Maß­nah­men Per­so­nal beauf­tragt, wei­ter­hin dafür ver­ant­wort­lich, ange­mes­se­ne Über­wa­chungs­me­cha­nis­men zu gewähr­leis­ten und Ver­stö­ße gegen Com­pli­ance-Rege­lun­gen ange­mes­sen zu ver­fol­gen. Unzu­rei­chen­de Anstren­gun­gen oder eine man­gel­haf­te Erfül­lung die­ser Pflich­ten kön­nen dazu füh­ren, dass die Geschäfts­füh­rung einer GmbH gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG per­sön­lich haft­bar gemacht wird.

 

Drei Schrit­te für den struk­tu­rier­ten Beginn

Um ein effek­ti­ves Com­pli­ance-Manage­ment-Sys­tem zu imple­men­tie­ren, ist eine sys­te­ma­ti­sche Vor­ge­hens­wei­se uner­läss­lich. Es ist rat­sam, die fol­gen­den Schrit­te zu beach­ten:

  1. Defi­ni­ti­on und Beschrei­bung der Geschäfts­fel­der und Tätig­keits­be­rei­che, in denen ein CMS wich­tig ist, sowie das Erken­nen und Defi­nie­ren beson­de­rer Risi­ko­fel­der für Regel­ver­stö­ße.
  2. Bestands­auf­nah­me der aktu­el­len Situa­ti­on in den defi­nier­ten Berei­chen, um Defi­zi­te auf­zu­de­cken und die not­wen­di­gen Schluss­fol­ge­run­gen für zukünf­ti­ge Anfor­de­run­gen zu zie­hen.
  3. Schrift­li­che Fest­le­gung von Regeln und Maß­nah­men, die den gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen ent­spre­chen, sowie die Imple­men­tie­rung von Mecha­nis­men zur Kon­trol­le der Regel­kon­for­mi­tät und zur Ahn­dung von Ver­stö­ßen.

 

Trotz anfäng­li­cher Beden­ken wegen der Kos­ten ist die Errich­tung eines nach­hal­ti­gen CMS für Unter­neh­men in der Regel eine loh­nen­de Inves­ti­ti­on. Es schafft im Unter­neh­men ein zuneh­men­des Bewusst­sein für regel­kon­for­mes Ver­hal­ten und für die Risi­ken, die in bestimm­ten Berei­chen und Geschäfts­fel­dern beson­ders hoch sein kön­nen. Gera­de in der Zusam­men­ar­beit mit gro­ßen Unter­neh­men ermög­licht der Nach­weis eines funk­tio­nie­ren­den CMS Geschäfts­ab­schlüs­se über­haupt ist, weil eine effek­ti­ve Com­pli­ance für die­se – nicht erst mit dem Lie­fer­ket­ten­sorg­falts­pflich­ten­ge­setz – eine Grund­vor­aus­set­zung für jede Geschäfts­be­zie­hung ist. Und wenn es zu einem Regel­ver­stoß kommt, hilft der Nach­weis eines CMS, das Risi­ko von Buß­gel­dern zu mini­mie­ren. So wird die Imple­men­tie­rung eines umfas­sen­den Com­pli­ance-Manage­ment-Sys­tems auch für KMU zuneh­mend zur not­wen­di­gen Pra­xis.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Alternative Feiertagsregelungen: Wie Unternehmen auf religiöse Vielfalt Rücksicht nehmen können

Was tun, wenn Arbeitnehmer Weihnachten nicht feiern? In einer multikulturellen Arbeitswelt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, religiöse Vielfalt zu berücksichtigen – besonders, wenn es um Feiertage geht. Das deutsche Arbeitsrecht bietet flexible Lösungen, von Gleitzeit über Sonderurlaub bis hin zum Tausch von Feiertagen.   Auch die Bemühungen der US-amerikanischen Regierung, Inklusions- und Vielfaltsmaßnahmen zurückzudrängen, ändern nichts daran, dass wir in...

Mann bewirbt sich auf Job für „Sekretärin“: Entschädigung wegen Diskriminierung?

Die Sekretärin, der Mechaniker – alte Stereotype in Stellenanzeigen können Unternehmen teuer zu stehen kommen. Sogenannte AGG-Hopper versuchen, Fehler auszunutzen und auf Entschädigung zu klagen. Das klappt nicht immer, doch die Fälle lehren viel darüber, worauf Arbeitgeber achten sollten, wenn sie eine Stelle ausschreiben. In letzter Zeit kommt es vermehrt zu Streitigkeiten aufgrund angeblicher Diskriminierung im Bewerbungsverfahren. Es gibt eine...