Nutzung von Werbefilm nach Ausscheiden eines Mitwirkenden

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Strei­tig­kei­ten über die Ver­wer­tung von Fotos oder Vide­os (inbes.: Wer­be­film), die der Arbeit­ge­ber unter Betei­li­gung von sei­nen Mit­ar­bei­tern zu Wer­be­zwe­cken für sein Unter­neh­men anfer­ti­gen ließ, beschäf­ti­gen die Arbeits­ge­rich­te immer wie­der, beson­ders, wenn das Arbeits­ver­hält­nis zwi­schen­zeit­lich been­det wur­de. In „guten Zei­ten“ erklärt der Arbeit­neh­mer sich ger­ne zur Mit­wir­kung bereit, nach dem Aus­schei­den des Mit­ar­bei­ters beur­teilt er die Ver­wen­dung sei­nes Bil­des zu Zwe­cken des Arbeit­ge­bers oft­mals anders.

Bereits im Janu­ar 2012 hat­te das LAG Hes­sen (AZ.: 19 SaGa 1480/11) im Rah­men einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung den Fall einer ange­stell­ten Rechts­an­wäl­tin zu ent­schei­den, die Ihr Kon­ter­fei samt Tätig­keits­be­schrei­bung weder auf der Home­page der Kanz­lei noch deren „News-Blog“ wei­ter­hin ver­wen­det wis­sen woll­te, nach­dem man ihr bereits in der Pro­be­zeit gekün­digt hat­te. Die ver­klag­te Kanz­lei hat­te das Pro­fil der Rechts­an­wäl­tin zwar von der Home­page, nicht jedoch von ihrem „News-Blog“ genom­men. Sie hat­te aber süf­fi­sant ange­bo­ten, ger­ne den Hin­weis, dass das Arbeits­ver­hält­nis arbeit­ge­ber­sei­tig in der Pro­be­zeit been­det wur­de, auf­zu­neh­men. Das LAG Hes­sen gab der Rechts­an­wäl­tin recht und ver­füg­te die bean­trag­te Unter­las­sung. Das Per­sön­lich­keits­recht der Anwäl­tin wer­de durch die Ver­öf­fent­li­chung ihres Pro­fils im Rah­men eines Wer­be­auf­tritts der – inzwi­schen zur Kon­kur­renz gewor­de­nen – Kanz­lei rechts­wid­rig ver­letzt. Ihre sei­ner­zeit erklär­te Ein­wil­li­gung habe sich „evi­dent“ auf die Dau­er des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­ses beschränkt, ihr Wider­ruf nach Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses sei des­halb wirk­sam. Der www.law-blog.de berich­te­te dazu am 25. Juni 2012.

Die­sen Fall mag der Rechts­ver­tre­ter eines Mon­teurs im Blick gehabt haben. Der Mon­teur wirk­te in einem Wer­be­film sei­nes Arbeit­ge­bers — dies­mal ein Unter­neh­men aus dem Bereich Käl­te- und Kli­ma­tech­nik – mit. Am Anfang des Vide­os sieht man kurz einen vom Klä­ger gesteu­er­ten Pkw, gegen Ende ist er auf einem Grup­pen­bild mit ca. 30 ande­ren Beleg­schafts­mit­glie­dern zu sehen.

Das Video konn­te auf der Home­page des Unter­neh­mens ein­ge­se­hen wer­den. Sei­ne Ein­wil­li­gung zur Ver­brei­tung des Video­films hat­te er auf einer Unter­schrif­ten­lis­te zusam­men mit ande­ren Kol­le­gen erklärt. Nach Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses – man ahnt es schon – wider­ruft er sei­ne Ein­wil­li­gung, ver­langt Unter­las­sung sowie Schmer­zens­geld (!).

Die­sem Begeh­ren hat das BAG mit sei­nem Urteil vom 11. Dezem­ber 2014, AZ.: 8 AZR 1010/13, wie auch schon die Vor­in­stanz des LAG Rhein­land Pfalz, eine Absa­ge erteilt.

Das BAG führt zunächst aus, dass die Zuläs­sig­keit der Video­nut­zung durch den Arbeit­ge­ber sich nach den spe­zi­el­le­ren Rege­lun­gen der §§ 22, 23 Kunst­ur­he­ber­ge­setz (KUG), nicht nach dem Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz (BDSG) rich­tet. Es ist also eine Ein­wil­li­gung des Arbeit­neh­mers in die Ver­brei­tung und „Zur-Schau-Stel­lung“ sei­nes Bild­nis­ses nach § 22, 23 KUG erfor­der­lich.

Sodann befasst sich das Urteil aus­führ­lich mit der Fra­ge, wel­che Anfor­de­run­gen an eine wirk­sa­me Ein­wil­li­gung in die Bild­nut­zung zu stel­len sind, wie weit die­se reicht sowie, ob und unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen sie wider­ru­fen wer­den kann. Anders als § 4a BDSG – auf den sich der Klä­ger beru­fen hat­te – schreibt das KUG zunächst kei­ne Schrift­form der Ein­wil­li­gungs­er­klä­rung vor. Aller­dings stellt das BAG fest, dass eine ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­le­gung des KUG unter Berück­sich­ti­gung der Beson­der­hei­ten des Arbeits­ver­hält­nis­ses aus­nahms­wei­se eine Schrift­form for­dert. Nur so kön­ne dem Arbeit­neh­mer ver­deut­licht wer­den, dass er sei­ne Ein­wil­li­gung unab­hän­gig von sei­nen Ver­pflich­tun­gen aus dem Arbeits­ver­hält­nis erklärt oder eben auch ver­wei­gern kann. Nur so wer­de sein infor­ma­tio­nel­les Selbst­be­stim­mungs­recht gewahrt.

Das BAG führt wei­ter aus: Die Ein­wil­li­gung muss „anlass­be­zo­gen“ erklärt wer­den. Sie darf also nicht bereits pau­schal vor­ab z.B. im Arbeits­ver­trag erteilt wer­den. Außer­dem muss sie inhalt­lich klar bezeich­net sein und darf nicht zusam­men mit ande­ren Erklä­run­gen abge­ge­ben wer­den. Sie muss aus frei­er Ent­schei­dung erteilt wer­den. All die­se Vor­aus­set­zun­gen sah das BAG hier als gege­ben an.

Die ein­mal erteil­te Ein­wil­li­gung des Arbeit­neh­mers erlischt auch nicht auto­ma­tisch mit Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses, wenn das Bild oder der Film (Wer­be­film) kei­nen auf die indi­vi­du­el­le Per­son des Arbeit­neh­mers Bezug neh­men­den Inhalt trans­por­tiert. Dies war hier anders als im Fall der Rechts­an­wäl­tin, wo aus­drück­lich mit der Kom­pe­tenz der neu­en Kol­le­gin für die Kanz­lei gewor­ben wur­de. Der Arbeit­neh­mer muss – will er die wei­te­re Ver­wen­dung sei­nes Bil­des ver­hin­dern – sei­ne Ein­wil­li­gung also in die­sem Fall wider­ru­fen.

Ein sol­cher Wider­ruf ist jedoch nicht grund­los mög­lich, wie das BAG erklärt. Es ist eine Abwä­gung der beid­sei­ti­gen Inter­es­sen vor­zu­neh­men. Auf der einen Sei­te steht das Ver­öf­fent­li­chungs­in­ter­es­se des Arbeit­ge­bers und sein Wunsch nach wirt­schaft­li­cher Ver­wen­dung der auf­ge­wen­de­ten Mit­tel, auf der ande­ren Sei­te das infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mungs­recht des Arbeit­neh­mers. Die zwi­schen­zeit­li­che Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses kann bei der Bewer­tung eine Rol­le spie­len, muss es jedoch nicht zwin­gend. Da in dem strit­ti­gen Video der Klä­ger mit sei­ner Per­son und Iden­ti­tät nicht auf irgend­ei­ne Wei­se beson­ders her­vor­ge­ho­ben wur­de lehn­te das BAG eine wirt­schaft­li­che oder per­sön­lich­keits­re­le­van­te „Wei­ter­ver­wer­tung“ ab. Auf die Fra­ge, ob die Ein­wil­li­gung nach § 23 KUG im vor­lie­gen­den Fall evtl. gar nicht nötig gewe­sen wäre, kam es nicht mehr an.

Das BAG lehn­te also sowohl Unter­las­sungs­an­spruch als auch den Schmer­zens­geld­an­spruch ab.

Fazit: Arbeitgeber sind gut beraten, wenn Sie Foto- oder Videoaufnahmen (z. B. Werbefilm) veröffentlichen wollen, die ihre Arbeitnehmer zeigen, sich zuvor von diesen eine schriftliche Einwilligung geben zulassen, damit das Werk auch nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters genutzt werden kann.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Alternative Feiertagsregelungen: Wie Unternehmen auf religiöse Vielfalt Rücksicht nehmen können

Was tun, wenn Arbeitnehmer Weihnachten nicht feiern? In einer multikulturellen Arbeitswelt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, religiöse Vielfalt zu berücksichtigen – besonders, wenn es um Feiertage geht. Das deutsche Arbeitsrecht bietet flexible Lösungen, von Gleitzeit über Sonderurlaub bis hin zum Tausch von Feiertagen.   Auch die Bemühungen der US-amerikanischen Regierung, Inklusions- und Vielfaltsmaßnahmen zurückzudrängen, ändern nichts daran, dass wir in...

Mann bewirbt sich auf Job für „Sekretärin“: Entschädigung wegen Diskriminierung?

Die Sekretärin, der Mechaniker – alte Stereotype in Stellenanzeigen können Unternehmen teuer zu stehen kommen. Sogenannte AGG-Hopper versuchen, Fehler auszunutzen und auf Entschädigung zu klagen. Das klappt nicht immer, doch die Fälle lehren viel darüber, worauf Arbeitgeber achten sollten, wenn sie eine Stelle ausschreiben. In letzter Zeit kommt es vermehrt zu Streitigkeiten aufgrund angeblicher Diskriminierung im Bewerbungsverfahren. Es gibt eine...