Fasching, Karneval, Fastnacht: Narrenfreiheit am Arbeitsplatz?

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Der Höhe­punkt der när­ri­schen Zeit steht kurz bevor. Für vie­le Arbeit­neh­mer herrscht an Fasching, Kar­ne­val und Fast­nacht Nar­ren­frei­heit am Arbeits­platz. Über­zeug­te Kar­ne­va­lis­ten und Fast­nach­ter brin­gen ihren Froh­sinn auch ger­ne mit in die Arbeit – was nicht immer zu unge­teil­ter Freu­de bei Kol­le­gen oder Vor­ge­setz­ten führt. Was müs­sen Nar­ren und När­rin­nen am Arbeits­platz beach­ten, damit am Ascher­mitt­woch kei­ne Kater­stim­mung auf­kommt?

Frei am Rosenmontag oder Faschingsdienstag?

Rosen­mo­nat und Faschings­diens­tag sind kei­ne gesetz­li­chen Fei­er­ta­ge. Den­noch kann sich ein Urlaubs­an­spruch aus einer tarif­ver­trag­li­chen Rege­lung oder einer Betriebs­ver­ein­ba­rung erge­ben. Auch eine arbeits­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung ist selbst­ver­ständ­lich mög­lich. Über­se­hen wird bis­wei­len, dass ein Anspruch auf bezahl­te Frei­stel­lung auch aus betrieb­li­cher Übung ent­ste­hen kann, schlicht, weil der Arbeit­ge­ber auch in der Ver­gan­gen­heit „Urlaub“ erteilt hat: Hat der Arbeit­ge­ber bereits min­des­tens drei­mal hin­ter­ein­an­der einen frei­en Tag mit Ent­gelt­fort­zah­lung gewährt, ohne sich die jeder­zei­ti­ge Ein­stel­lung die­ser Pra­xis vor­be­hal­ten zu haben, kann der Arbeit­neh­mer auch in Zukunft die Fort­set­zung die­ser betrieb­li­chen Übung ver­lan­gen. Der Arbeit­ge­ber kann sich prak­tisch ohne Ein­ver­ständ­nis des Arbeit­neh­mers von der betrieb­li­chen Übung kaum mehr lösen.

Wer jedoch ohne Arbeits­be­frei­ung der Arbeit eigen­mäch­tig fern­bleibt, ris­kiert eine Abmah­nung und im Wie­der­ho­lungs­fall sogar eine frist­lo­se Kün­di­gung. Letz­te­res gilt auch, wenn der Arbeit­neh­mer droht, sich krank­schrei­ben zu las­sen, falls er nicht frei bekommt.

Jeder Jeck is anders — Kostümierung am Arbeitsplatz

Soweit die Kos­tü­mie­rung kei­ne betrieb­li­chen Belan­ge beein­träch­tigt, dürf­te dage­gen nichts ein­zu­wen­den sein. Die Sicher­heit am Arbeits­platz geht aber selbst­ver­ständ­lich vor. Auch bei Kun­den­kon­takt kann der Arbeit­ge­ber unter Umstän­den eine bestimm­te Dienst­klei­dung oder einen Dress­code vor­ge­ben. Aller­dings ist in den Kar­ne­vals­hoch­bur­gen selbst bei Außen­kon­tak­ten eine Ver­klei­dung zumin­dest am Rosen­mon­tag und Faschings­diens­tag nicht unüb­lich. Wer – in ande­ren Tei­len des Lan­des – in Zwei­fels­fäl­len kei­ne Abmah­nung ris­kie­ren möch­te, soll­te sich jedoch auf klei­ne­re Acces­soires beschrän­ken.

Frauen an die Macht – Krawatte ab!

Auch wenn man das Kra­wat­ten­ab­schnei­den an Wei­ber­fast­nacht als sym­bo­li­schen Gleich­stel­lungs­akt wer­ten möch­te – letzt­lich ist es eine Sach­be­schä­di­gung, die zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­ten kann. Das AG Essen (Urteil vom 3. Febru­ar 1989, Az.: 20 C 691/87) hat einem Kun­den, der in einem Rei­se­bü­ro „Opfer“ des Brauchs wur­de, DM 40,00 Scha­dens­er­satz zuge­spro­chen. Wenn der Brauch jedoch all­jähr­lich im Büro gepflegt wird, darf die weib­li­che Beleg­schaft wohl von einem still­schwei­gen­den Ein­ver­ständ­nis aus­ge­hen, wenn der Herr Kol­le­ge oder Chef an die­sem Tag den­noch mit Kra­wat­te erscheint. Bei Neu­lin­gen im Betrieb, die mit den Gepflo­gen­hei­ten noch nicht ver­traut sind, ins­be­son­de­re in nicht beson­ders kar­ne­vals­af­fi­nen Regio­nen, ist jedoch Vor­sicht gebo­ten.

„Das wollte ich dem Chef schon immer mal sagen…“

Auch wenn das när­ri­sche Volk tra­di­tio­nell im Kar­ne­val Kri­tik an der Obrig­keit übt, darf der Arbeit­neh­mer sei­nen Chef auch auf einer Faschings­fei­er nicht belei­di­gen. Und zwar auch dann nicht, wenn die Betriebs­fei­er außer­halb der Arbeits­zeit statt­fin­det (LAG Hamm, Urteil vom 30. Juni 2004, Az.: 18 Sa 836/04): bei einer gro­ben Belei­di­gung sei­nes Vor­ge­setz­ten muss der Arbeit­neh­mer sogar mit einer frist­lo­sen Kün­di­gung rech­nen.

Kater am Aschermittwoch – verschuldete Arbeitsunfähigkeit?

Anspruch auf Ent­gelt­fort­zah­lung wegen krank­heits­be­ding­ter Arbeits­un­fä­hig­keit hat nur der­je­ni­ge, den an sei­ner Arbeits­un­fä­hig­keit kein Ver­schul­den trifft (§ 3 Abs. S. 1 EFZG). Aus­ge­las­se­nes Fei­ern bei nied­ri­gen Tem­pe­ra­tu­ren mit leich­ter Beklei­dung sowie Alko­hol­kon­sum sind bekann­ter­ma­ßen nicht gera­de gesund­heits­för­der­lich. Die Recht­spre­chung ist bei der Annah­me von Ver­schul­den jedoch sehr zurück­hal­tend, wenn sich ein Arbeit­neh­mer eine Erkran­kung zuzieht. Der Spaß hört auf, wenn der Arbeit­neh­mer bei­spiels­wei­se eine Schlä­ge­rei pro­vo­ziert (LAG Hamm, Urteil vom 24. Sep­tem­ber 2003, Az.: 18 Sa 785/03) oder alko­hol­be­dingt einen Ver­kehrs­un­fall ver­ur­sacht und dabei ver­letzt wird (BAG, Urteil vom 11. März 1987, Az.: 5 AZR 739/85).

Fazit: Auch in der när­ri­schen Zeit gibt es kei­nen Frei­brief für Pflicht­ver­let­zun­gen am Arbeits­platz oder unge­hö­ri­ges Ver­hal­ten gegen­über Vor­ge­setz­ten und Kol­le­gen. Aller­dings wird in den meis­ten Fäl­len eine Abmah­nung aus­rei­chen und nur bei beson­ders gro­ben Pflicht­ver­let­zun­gen oder hart­nä­cki­ger Wie­der­ho­lung eine Kün­di­gung in Betracht kom­men.

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