Arbeitnehmerrechte bei kranken Haustieren: Was Tierhalter wissen müssen

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Für die Pflege kranker Ange­hörige bietet das deutsche Arbeit­srecht klare Regeln. Was aber, wenn das geliebte kranke Fam­i­lien­mit­glied ein Vier­bein­er ist? Welche Rechte Sie als Tier­hal­ter haben, wenn Ihr Tier erkrankt und bei der Betreu­ung nie­mand ein­sprin­gen kann, erk­lärt Dr. Chris­t­ian Oster­maier.

Ob Tod oder Krankheit: Wenn es um men­schliche Ange­hörige geht, haben deutsche Arbeit­nehmer klar geregelte Rechte. Doch Tiere gel­ten, auch wenn sie für Tier­hal­ter selb­stver­ständlich zur Fam­i­lie gehören, rechtlich grund­sät­zlich nicht als Fam­i­lien­mit­glieder. Und so gibt es auch keinen geset­zlichen Anspruch auf bezahlten Son­derurlaub, wenn das Tier erkrankt.

§ 616 des Bürg­er­lichen Geset­zbuch­es gewährt einen solchen Anspruch nur aus per­sön­lichen Grün­den, wie beispiel­sweise bei ein­er Hochzeit, der Pflege von Kindern oder Eltern oder im Fall des Todes eines nahen Ange­höri­gen – aber eben nicht eines Tieres.

In Not­fällen kann es eine Aus­nahme geben, wenn ein Hund akut erkrankt oder verunglückt und sofor­tig tierärztlich behan­delt wer­den muss. In solchen Fällen greift näm­lich der Tier­schutz und ver­langt, dass die notwendi­ge medi­zinis­che Ver­sorgung sichergestellt wird. Das gilt jedoch nur für kurze Zeiträume.

Zudem gibt es Arbeits- oder Tar­ifverträge, die selb­st solche Aus­nah­men auss­chließen oder auf bes­timmte Fälle beschränken. Dann haben Arbeit­nehmer selb­st bei akuten Erkrankun­gen oder einem Unfall des Tiers keinen Anspruch auf Freis­tel­lung. Wenn der Hund erkrankt, ohne dass es sich um einen drin­gen­den Not­fall han­delt, gibt es gar keinen Anspruch auf eine Freis­tel­lung vom Job, d.h. von ein­er Ent­bindung von der ver­traglich fest­gelegten Arbeit­spflicht.


Urlaub nehmen, wenn es geht

Wenn das Tier erkrankt und nie­mand ver­füg­bar ist, um sich um den bedürfti­gen Hund zu küm­mern, muss der Tier­hal­ter in der Regel einen reg­ulären Urlaub­stag beantra­gen und darauf hof­fen, dass der Arbeit­ge­ber ihn spon­tan freis­tellt.

In dieser Sit­u­a­tion ist man auf das Wohlwollen des Vorge­set­zten angewiesen – er muss, wenn betriebliche Gründe ent­ge­gen­ste­hen, zum Beispiel für drin­gende Auf­gaben so schnell keine Vertre­tung organ­isiert wer­den kann, den Urlaub nicht gewähren.

Noch uner­freulich­er ist es, wenn man bere­its alle Urlaub­stage ver­braucht hat, wenn das Tier krank wird. In bei­den Fällen gibt es also keinen Anspruch darauf, von der Arbeit­spflicht ent­bun­den zu wer­den. Es emp­fiehlt sich, die per­sön­liche Not­lage darzule­gen und unbezahlte Freis­tel­lung zu beantra­gen, wenn kein Anspruch auf Urlaub oder Freis­tel­lung beste­ht.

Da in Deutsch­land strenge Tier­schutzvorschriften gel­ten, wird nor­maler­weise gemein­sam nach einem Kom­pro­miss gesucht, der sowohl die Inter­essen des Arbeit­ge­bers als auch das Wohl des Tieres berück­sichtigt.

 

Wenn der Arbeit­ge­ber nicht mit­spielt

Auch wenn der Arbeit­ge­ber sich auf keinen Kom­pro­miss ein­lässt, sollte man sich keines­falls eigen­mächtig beurlauben. Falls noch aus­re­ichend Zeit vorhan­den ist, kön­nte man, wenn man sich gar nicht eini­gen kann, not­falls erwä­gen, beim Arbeits­gericht einen Antrag auf einst­weili­gen Rechtss­chutz zu stellen, so dass man vom Gericht freigestellt wird. Das dürfte das Ver­hält­nis zum Arbeit­ge­ber kaum verbessern – doch es wäre alle­mal bess­er, als eigen­mächtig der Arbeit fernzubleiben.

Das kann zu ein­er Abmah­nung führen, es sei denn, der Arbeit­nehmer befände sich in ein­er unumgänglichen Zwangslage, so dass eine Sank­tion nicht gerecht­fer­tigt wäre. Das würde aber im Zweifel erst ein Gericht nach einem möglicher­weise lang­wieri­gen Rechtsstre­it fest­stellen.

Eine gute Lösung im Sinne aller Beteiligten ist es häu­fig, wenn der Arbeit­nehmer, wenn seine Tätigkeit das erlaubt, seine Tätigkeit­en aus dem Home-Office erbringt. Auch das ist allerd­ings grund­sät­zlich möglich, jedoch nur mit Zus­tim­mung des Arbeit­ge­bers, der wiederum die berechtigten Inter­essen des Arbeit­nehmers berück­sichti­gen muss.

 

Drin­gende Tier­arztbe­suche und die Nach­sorge während der Arbeit­szeit

Wenn der Hund spon­tan drin­gend zum Tier­arzt muss, beispiel­sweise weil er sich beim Gas­sige­hen ver­let­zt hat, ist es wichtig, den Vorge­set­zten umge­hend zu informieren. In der Regel wird der Arbeit­nehmer für die benötigte Zeit, um das erkrank­te Tier zum Tier­arzt zu brin­gen, von der Arbeit freigestellt. Allerd­ings beste­ht auch hier kein Anspruch auf Bezahlung.

Wenn der Hund nach der Behand­lung oder ein­er Oper­a­tion zu Hause überwacht und gepflegt wer­den muss, beste­ht die Möglichkeit, dem Arbeit­ge­ber vorzuschla­gen, die ver­säumte Arbeit nachträglich nachzu­holen. Ein Anspruch darauf beste­ht aber eben­falls nicht. Gegebe­nen­falls muss der Arbeit­nehmer auch in diesem Fall Urlaub nehmen oder ver­suchen, eine unbezahlte Freis­tel­lung zu bekom­men.

 

Dr. Chris­t­ian Oster­maier ist Part­ner bei SNP Schlaw­ien Part­ner­schaft mbB. Er berät Unternehmen aller Größen, meist mit­tel­ständis­che Unternehmen, sowie deren Gesellschafter in allen Fra­gen des Gesellschaft­srechts, ins­beson­dere auch bei Unternehmen­stransak­tio­nen, und des Arbeit­srechts, hier u.a. zu betrieb­sver­fas­sungsrechtlichen Fra­gen, wie dem Abschluss von Betrieb­svere­in­barun­gen. Daneben berät Dr. Oster­maier lei­t­ende Angestellte, Geschäfts­führer und Vorstände. Außer­dem ist er das Her­rchen von Dack­el Hen­ry, der im Münch­n­er Büro von SNP Schlaw­ien als Feel-Good-Man­ag­er fungiert und derzeit glück­licher­weise bei bester Gesund­heit ist.

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