Arbeitnehmerrechte bei kranken Haustieren: Was Tierhalter wissen müssen

© Jim1786/stock.adobe.com
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Für die Pfle­ge kran­ker Ange­hö­ri­ge bie­tet das deut­sche Arbeits­recht kla­re Regeln. Was aber, wenn das gelieb­te kran­ke Fami­li­en­mit­glied ein Vier­bei­ner ist? Wel­che Rech­te Sie als Tier­hal­ter haben, wenn Ihr Tier erkrankt und bei der Betreu­ung nie­mand ein­sprin­gen kann, erklärt Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er.

Ob Tod oder Krank­heit: Wenn es um mensch­li­che Ange­hö­ri­ge geht, haben deut­sche Arbeit­neh­mer klar gere­gel­te Rech­te. Doch Tie­re gel­ten, auch wenn sie für Tier­hal­ter selbst­ver­ständ­lich zur Fami­lie gehö­ren, recht­lich grund­sätz­lich nicht als Fami­li­en­mit­glie­der. Und so gibt es auch kei­nen gesetz­li­chen Anspruch auf bezahl­ten Son­der­ur­laub, wenn das Tier erkrankt.

§ 616 des Bür­ger­li­chen Gesetz­bu­ches gewährt einen sol­chen Anspruch nur aus per­sön­li­chen Grün­den, wie bei­spiels­wei­se bei einer Hoch­zeit, der Pfle­ge von Kin­dern oder Eltern oder im Fall des Todes eines nahen Ange­hö­ri­gen – aber eben nicht eines Tie­res.

In Not­fäl­len kann es eine Aus­nah­me geben, wenn ein Hund akut erkrankt oder ver­un­glückt und sofor­tig tier­ärzt­lich behan­delt wer­den muss. In sol­chen Fäl­len greift näm­lich der Tier­schutz und ver­langt, dass die not­wen­di­ge medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung sicher­ge­stellt wird. Das gilt jedoch nur für kur­ze Zeit­räu­me.

Zudem gibt es Arbeits- oder Tarif­ver­trä­ge, die selbst sol­che Aus­nah­men aus­schlie­ßen oder auf bestimm­te Fäl­le beschrän­ken. Dann haben Arbeit­neh­mer selbst bei aku­ten Erkran­kun­gen oder einem Unfall des Tiers kei­nen Anspruch auf Frei­stel­lung. Wenn der Hund erkrankt, ohne dass es sich um einen drin­gen­den Not­fall han­delt, gibt es gar kei­nen Anspruch auf eine Frei­stel­lung vom Job, d.h. von einer Ent­bin­dung von der ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Arbeits­pflicht.


Urlaub neh­men, wenn es geht

Wenn das Tier erkrankt und nie­mand ver­füg­bar ist, um sich um den bedürf­ti­gen Hund zu küm­mern, muss der Tier­hal­ter in der Regel einen regu­lä­ren Urlaubs­tag bean­tra­gen und dar­auf hof­fen, dass der Arbeit­ge­ber ihn spon­tan frei­stellt.

In die­ser Situa­ti­on ist man auf das Wohl­wol­len des Vor­ge­setz­ten ange­wie­sen – er muss, wenn betrieb­li­che Grün­de ent­ge­gen­ste­hen, zum Bei­spiel für drin­gen­de Auf­ga­ben so schnell kei­ne Ver­tre­tung orga­ni­siert wer­den kann, den Urlaub nicht gewäh­ren.

Noch uner­freu­li­cher ist es, wenn man bereits alle Urlaubs­ta­ge ver­braucht hat, wenn das Tier krank wird. In bei­den Fäl­len gibt es also kei­nen Anspruch dar­auf, von der Arbeits­pflicht ent­bun­den zu wer­den. Es emp­fiehlt sich, die per­sön­li­che Not­la­ge dar­zu­le­gen und unbe­zahl­te Frei­stel­lung zu bean­tra­gen, wenn kein Anspruch auf Urlaub oder Frei­stel­lung besteht.

Da in Deutsch­land stren­ge Tier­schutz­vor­schrif­ten gel­ten, wird nor­ma­ler­wei­se gemein­sam nach einem Kom­pro­miss gesucht, der sowohl die Inter­es­sen des Arbeit­ge­bers als auch das Wohl des Tie­res berück­sich­tigt.

 

Wenn der Arbeit­ge­ber nicht mit­spielt

Auch wenn der Arbeit­ge­ber sich auf kei­nen Kom­pro­miss ein­lässt, soll­te man sich kei­nes­falls eigen­mäch­tig beur­lau­ben. Falls noch aus­rei­chend Zeit vor­han­den ist, könn­te man, wenn man sich gar nicht eini­gen kann, not­falls erwä­gen, beim Arbeits­ge­richt einen Antrag auf einst­wei­li­gen Rechts­schutz zu stel­len, so dass man vom Gericht frei­ge­stellt wird. Das dürf­te das Ver­hält­nis zum Arbeit­ge­ber kaum ver­bes­sern – doch es wäre alle­mal bes­ser, als eigen­mäch­tig der Arbeit fern­zu­blei­ben.

Das kann zu einer Abmah­nung füh­ren, es sei denn, der Arbeit­neh­mer befän­de sich in einer unum­gäng­li­chen Zwangs­la­ge, so dass eine Sank­ti­on nicht gerecht­fer­tigt wäre. Das wür­de aber im Zwei­fel erst ein Gericht nach einem mög­li­cher­wei­se lang­wie­ri­gen Rechts­streit fest­stel­len.

Eine gute Lösung im Sin­ne aller Betei­lig­ten ist es häu­fig, wenn der Arbeit­neh­mer, wenn sei­ne Tätig­keit das erlaubt, sei­ne Tätig­kei­ten aus dem Home-Office erbringt. Auch das ist aller­dings grund­sätz­lich mög­lich, jedoch nur mit Zustim­mung des Arbeit­ge­bers, der wie­der­um die berech­tig­ten Inter­es­sen des Arbeit­neh­mers berück­sich­ti­gen muss.

 

Drin­gen­de Tier­arzt­be­su­che und die Nach­sor­ge wäh­rend der Arbeits­zeit

Wenn der Hund spon­tan drin­gend zum Tier­arzt muss, bei­spiels­wei­se weil er sich beim Gas­si­ge­hen ver­letzt hat, ist es wich­tig, den Vor­ge­setz­ten umge­hend zu infor­mie­ren. In der Regel wird der Arbeit­neh­mer für die benö­tig­te Zeit, um das erkrank­te Tier zum Tier­arzt zu brin­gen, von der Arbeit frei­ge­stellt. Aller­dings besteht auch hier kein Anspruch auf Bezah­lung.

Wenn der Hund nach der Behand­lung oder einer Ope­ra­ti­on zu Hau­se über­wacht und gepflegt wer­den muss, besteht die Mög­lich­keit, dem Arbeit­ge­ber vor­zu­schla­gen, die ver­säum­te Arbeit nach­träg­lich nach­zu­ho­len. Ein Anspruch dar­auf besteht aber eben­falls nicht. Gege­be­nen­falls muss der Arbeit­neh­mer auch in die­sem Fall Urlaub neh­men oder ver­su­chen, eine unbe­zahl­te Frei­stel­lung zu bekom­men.

 

Dr. Chris­ti­an Oster­mai­er ist Part­ner bei SNP Schla­wi­en Part­ner­schaft mbB. Er berät Unter­neh­men aller Grö­ßen, meist mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men, sowie deren Gesell­schaf­ter in allen Fra­gen des Gesell­schafts­rechts, ins­be­son­de­re auch bei Unter­neh­mens­trans­ak­tio­nen, und des Arbeits­rechts, hier u.a. zu betriebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Fra­gen, wie dem Abschluss von Betriebs­ver­ein­ba­run­gen. Dane­ben berät Dr. Oster­mai­er lei­ten­de Ange­stell­te, Geschäfts­füh­rer und Vor­stän­de. Außer­dem ist er das Herr­chen von Dackel Hen­ry, der im Münch­ner Büro von SNP Schla­wi­en als Feel-Good-Mana­ger fun­giert und der­zeit glück­li­cher­wei­se bei bes­ter Gesund­heit ist.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Alternative Feiertagsregelungen: Wie Unternehmen auf religiöse Vielfalt Rücksicht nehmen können

Was tun, wenn Arbeitnehmer Weihnachten nicht feiern? In einer multikulturellen Arbeitswelt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, religiöse Vielfalt zu berücksichtigen – besonders, wenn es um Feiertage geht. Das deutsche Arbeitsrecht bietet flexible Lösungen, von Gleitzeit über Sonderurlaub bis hin zum Tausch von Feiertagen.   Auch die Bemühungen der US-amerikanischen Regierung, Inklusions- und Vielfaltsmaßnahmen zurückzudrängen, ändern nichts daran, dass wir in...

Mann bewirbt sich auf Job für „Sekretärin“: Entschädigung wegen Diskriminierung?

Die Sekretärin, der Mechaniker – alte Stereotype in Stellenanzeigen können Unternehmen teuer zu stehen kommen. Sogenannte AGG-Hopper versuchen, Fehler auszunutzen und auf Entschädigung zu klagen. Das klappt nicht immer, doch die Fälle lehren viel darüber, worauf Arbeitgeber achten sollten, wenn sie eine Stelle ausschreiben. In letzter Zeit kommt es vermehrt zu Streitigkeiten aufgrund angeblicher Diskriminierung im Bewerbungsverfahren. Es gibt eine...