Heimliche Aufnahme von Personalgespräch ist Kündigungsgrund

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Gerich­te beschäf­tigt oft­mals die Fra­ge, ob durch heim­li­che Video­auf­nah­men oder Über­prü­fung von E‑Mail-Accounts durch den Arbeit­ge­ber das Per­sön­lich­keits­recht der betrof­fe­nen Arbeit­neh­mer unzu­läs­sig ver­letzt wird (vgl. hier­zu unse­re Law-Blog-Bei­trä­ge vom 23. Febru­ar 2016 oder vom 15. März 2016). Das LAG Rhein­land-Pfalz (Urteil vom 3. Febru­ar 2016, Az.: 7 Sa 220/15) hat­te sich nun mit dem umge­kehr­ten Fall zu beschäf­ti­gen, näm­lich der Ver­let­zung des Per­sön­lich­keits­rechts des Arbeit­ge­bers (und sei­nes Per­so­nal­be­auf­trag­ten) durch eine Arbeit­neh­me­rin:

Die Arbeit­neh­me­rin war im Rah­men einer Wie­der­ein­glie­de­rungs­maß­nah­me wegen Zuspät­kom­mens zu einem Per­so­nal­ge­spräch gela­den wor­den. Sie fürch­te­te, zu einem Abbruch der Wie­der­ein­glie­de­rung gedrängt zu wer­den. Außer­dem bezwei­fel­te sie, dass ihr Vor­ge­setz­ter in einem spä­te­ren Pro­zess den Inhalt des Gesprächs wahr­heits­ge­treu wie­der­ge­ben wür­de. Statt eine schlich­te Mit­schrift des Gesprächs zu fer­ti­gen oder eine Ver­trau­ens­per­son, etwa ein Mit­glied des Per­so­nal­rats dazu zu bit­ten, nahm sie das Gespräch kur­zer­hand mit ihrem Smart­phone heim­lich auf.

Als sie sodann tat­säch­lich eine Kün­di­gung erhielt, war ihr Anwalt so unvor­sich­tig, im Kün­di­gungs­schutz­pro­zess ein Wort­pro­to­koll vor­zu­le­gen, das anhand des mit­ge­schnit­te­nen Gesprächs gefer­tigt wor­den war. Mit der Fol­ge, dass die Arbeit­ge­be­rin Straf­an­zei­ge wegen Ver­let­zung des § 201 StGB erstat­te­te und eine erneu­te Kün­di­gung aus­sprach. Es wur­den Straf­be­feh­le sowohl gegen die Mit­ar­bei­te­rin als auch gegen ihren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten erlas­sen, gegen die jedoch Ein­spruch ein­ge­legt wur­de. Die (ordent­li­che) Kün­di­gung jeden­falls wur­de vom LAG Rhein­land-Pfalz für recht­mä­ßig befun­den:

Die Arbeit­neh­me­rin habe durch das heim­li­che Mit­schnei­den des Gesprächs ihre Rück­sicht­nah­me­pflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB auf beson­ders schwer­wie­gen­de Wei­se ver­letzt. Die­se Neben­pflicht gel­te auch im Wie­der­ein­glie­de­rungs­ver­hält­nis. Das heim­li­che Mit­schnei­den eines Gesprächs ver­let­ze sowohl das Per­sön­lich­keits­recht der Arbeit­ge­be­rin als auch das des betrof­fe­nen Mit­ar­bei­ters (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs.1 GG). Denn: Jeder­mann hat prin­zi­pi­ell selbst das Recht dar­über zu bestim­men, wer sein Wort auf­neh­men soll sowie ob und vor wem die­ses wie­der abge­spielt wer­den darf (BVerfG, Beschluss vom 19. Dezem­ber 1991, Az.: 1 BvR 382/85). Beson­ders schwer wog hier, dass es sich um ein ver­trau­li­ches Gespräch gehan­delt hat­te. Es habe objek­tiv weder ein Anlass bestan­den, die Auf­nah­me zu fer­ti­gen, noch sei die­se erfor­der­lich gewe­sen, mein­te das LAG. In der Ver­wen­dung der Auf­nah­me im spä­te­ren Kün­di­gungs­schutz­pro­zess sei außer­dem ein wei­te­rer Ver­stoß gegen § 241 Abs. 2 BGB zu sehen. Einer vor­he­ri­gen Abmah­nung habe es nicht bedurft, weil die Arbeit­neh­me­rin nicht erwar­ten konn­te, dass auch nur das ein­ma­li­ge Mit­schnei­den vom Arbeit­ge­ber hin­ge­nom­men wer­den wür­de. Die Straf­bar­keit von heim­li­chen Auf­nah­men nach § 201 StGB sei hin­läng­lich bekannt, der Ein­wand der Arbeit­neh­me­rin, sie sei von der Recht­mä­ßig­keit der Auf­nah­me aus­ge­gan­gen, konn­te sie nicht ent­las­ten. Nicht zuletzt, weil es ohne gro­ßen Auf­wand jedem Besit­zer eines Smart­phones mög­lich ist, unbe­merkt Auf­zeich­nun­gen zu erstel­len, hat das LAG die Kün­di­gung als legi­ti­mes Sank­ti­ons­mit­tel aner­kannt. Schließ­lich blei­ben dem Arbeit­ge­ber, der auch sei­ne ande­ren Mit­ar­bei­ter zu schüt­zen hat, sonst kaum effek­ti­ve Mit­tel, ein der­ar­ti­ges Ver­hal­ten zu unter­bin­den.

Die Kün­di­gung war somit ver­hält­nis­mä­ßig und recht­lich nicht zu bean­stan­den. Das LAG weist außer­dem dar­auf hin, dass der heim­li­che Mit­schnitt eines Per­so­nal­ge­sprächs auch geeig­net sein kann, eine außer­or­dent­li­che Kün­di­gung zu recht­fer­ti­gen!

Fazit:
Die unzu­läs­si­ge Auf­nah­me ent­pupp­te sich letzt­lich nicht als „As im Ärmel“, son­dern als Eigen­tor! Die Tat­sa­che, dass selbst der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Ver­su­chung nicht wider­ste­hen konn­te, die­sen „Trumpf“ aus­zu­spie­len, zeigt, dass es noch an Sen­si­bi­li­tät für die Pro­ble­ma­tik man­gelt. Nicht nur der Arbeit­neh­mer muss vor Ein­grif­fen in sein Per­sön­lich­keits­recht geschützt wer­den, auch dem Arbeit­ge­ber und den Kol­le­gen steht die­ses Recht zu! Das LAG Rhein­land-Pfalz hat hier, indem es auch gene­ral­prä­ven­ti­ve Gesichts­punk­te berück­sich­tigt hat, das rich­ti­ge Zei­chen gesetzt.

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