Arbeitgeber aufgepasst: Verspätete Zielvorgaben können teuer werden

© peterschreiber.media/stock.abode.com
BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Wenn die Zielvor­gaben für Arbeit­nehmer zu spät kom­men, kön­nen diese ihre Ziele nicht mehr erfüllen – und damit auch den vere­in­barten Bonus nicht bekom­men. Gle­ich mehrere Gerichte haben Unternehmen, die Zielvor­gaben zu spät im Geschäft­s­jahr macht­en, verurteilt: Sie müssen Schadenser­satz zahlen, als hätte der Mitar­beit­er die Ziele zu 100% erfüllt.  

 

Wer die Ziele des Unternehmens nicht nur ver­fol­gt, son­dern auch erre­icht, bekommt einen Bonus – solche Zielvor­gaben, die bei Erre­ichung mit Zahlun­gen verknüpft sind, gehören auch in deutschen Unternehmen zum All­t­ag. Doch in unser­er Beratung­sprax­is zeigt sich häu­fig, dass zwar eine Bonusvere­in­barung geschlossen und die Fes­tle­gung von Zielvor­gaben im Arbeitsver­trag vere­in­bart wird, dann aber die Ziele unter­jährig gar nicht oder erst sehr spät vorgegeben oder vere­in­bart wer­den.

Über solche ver­späteten Zielvor­gaben urteil­ten in den ver­gan­genen Monat­en gle­ich mehrere Lan­desar­beits­gerichte (LAG). In diesen Fällen gab es also Zielvor­gaben für die Mitar­beit­er, diese wur­den ihnen aber erst sehr spät kom­mu­niziert. Das kann, so das LAG Köln sowie das LAG Nürn­berg in gle­ich drei Fällen, erhe­bliche Schadenser­satzansprüche der Arbeit­nehmer nach sich ziehen, und zwar vor allem dann, wenn deren Bonuszahlung an das Erre­ichen bes­timmter Unternehmen­sziele anknüpft. Auch wenn es bei den entsch­iede­nen Fällen um Unternehmen­sziele ging, muss dies umso mehr für Abteilungs- oder indi­vidu­elle Ziele der Mitar­beit­er gel­ten.

In allen Fällen klagten Arbeit­nehmer auf Schadenser­satz, weil ihre Arbeit­ge­ber die für das jew­eilige Geschäft­s­jahr rel­e­van­ten Unternehmen­sziele ver­spätet fest­gelegt hat­ten. Dies hat­te zur Folge, dass die Arbeit­nehmer die Ziele nicht mehr sin­nvoll erre­ichen kon­nten und somit keine Bonuszahlun­gen erhiel­ten.

 

LAG Köln und Nürn­berg: Schadenser­satz in Höhe von 100% Bonus

Das Lan­desar­beits­gericht (LAG) Köln entsch­ied am 6. Feb­ru­ar 2024 (Az. 4 Sa 390/23), dass eine Zielvor­gabe erst Mitte Okto­ber zu einem so späten Zeit­punkt im Geschäft­s­jahr (hier: Ende am 31.12.) komme, dass sie ihre Anreiz­funk­tion nicht mehr erfüllen könne. Deshalb sei sie, so die Köl­ner Arbeit­srichter, als nicht erfol­gt zu behan­deln.

Der Kläger, ein ehe­ma­liger Head of Adver­tis­ing, hat­te Anspruch auf eine vari­able Vergü­tung, die von der rechtzeit­i­gen Erre­ichung bes­timmter Ziele abhing. Laut seinem Arbeitsver­trag und der Betrieb­svere­in­barung soll­ten diese Ziele bis spätestens zum 1. März des Kalen­der­jahres fest­gelegt und mit ihm besprochen wer­den. Die Unternehmen­sziele erst im Sep­tem­ber zu veröf­fentlichen und dem Arbeit­nehmer die konkreten Ziele erst Mitte Okto­ber vorzugeben, bedeute, dass das Geschäft­s­jahr bere­its zu mehr als drei Vierteln abge­laufen war. Dadurch ver­lor die Zielvor­gabe ihre wesentliche Funk­tion, den Mitar­beit­er zu motivieren und seine Leis­tung zu steigern.

Das LAG Köln Gericht stellte fest, dass der Arbeit­ge­ber durch die ver­spätete Fes­tle­gung der Ziele seine Pflicht­en aus dem Arbeitsver­trag ver­let­zt habe. Es unter­stellte, dass gar keine Ziele vere­in­bart wur­den und sprach dem Arbeit­nehmer mehr als 16.000 Euro Schadenser­satz  zu — basierend auf der Annahme, dass er bei rechtzeit­iger Vor­gabe die Ziele zu 100% erre­icht hätte.

Ähn­lich urteilte auch das LAG Nürn­berg gle­ich in drei Entschei­dun­gen (LAG Nürn­berg, Urt. v. 11.04.  2024, Az.: 5 Sa 296/23; Urt. v. 24.04. 2024, Az.: 2 Sa 293/23; Urt. v. 26.04.2024, Az.: 8 Sa 292/23). Auch die Richter in Nürn­berg urteil­ten, dass der Arbeit­ge­ber Schadenser­satz in Höhe des vollen Bonus zahlen muss, wenn eine Zielvor­gabe ent­ge­gen der arbeitsver­traglichen Vere­in­barung zu spät erfol­gt, sodass sie keine sin­nvolle Anreiz­funk­tion mehr erfüllt. Auch hier wurde die späte Veröf­fentlichung der Unternehmen­sziele bemän­gelt, die erst gegen Ende des Geschäft­s­jahres kom­mu­niziert wur­den.

 

Empfehlun­gen für Arbeit­ge­ber

Ver­spätete Zielvor­gaben beein­trächti­gen nicht nur die Moti­va­tion der Mitar­beit­er, son­dern bergen auch erhe­bliche finanzielle Risiken für Arbeit­ge­ber bergen. Eine sorgfältige und rechtzeit­ige Zielvor­gabe ist daher nicht nur eine Frage der Fair­ness, son­dern auch des unternehmerischen Risiko­man­age­ments. Arbeit­ge­ber soll­ten ihre Prozesse dies­bezüglich über­prüfen und gegebe­nen­falls anpassen, um rechtlichen Auseinan­der­set­zun­gen und möglichen Schadenser­satz­forderun­gen vorzubeu­gen. Dabei gilt es drei wichtige Regeln zu beacht­en:

1. Frühzeit­ige Zielvor­gabe:
Stellen Sie sich­er, dass die Unternehmen­sziele rechtzeit­ig fest­gelegt und kom­mu­niziert wer­den. Je früher im Geschäft­s­jahr die Vor­gabe erfol­gt, umso sicher­er ist das für den Arbeit­ge­ber; in jedem Fall wird die Zielvor­gabe im ersten Quar­tal des Geschäft­s­jahres erfol­gen müssen.

2. Klare Regelun­gen im Arbeitsver­trag:
Der Arbeitsver­trag sollte klare Regelun­gen, bis wann die Zielvor­gabe erfol­gt, enthal­ten, um Missver­ständ­nisse zu ver­mei­den. Der Arbeit­ge­ber muss sich dann aber auch an diese Frist hal­ten.

3. Doku­men­ta­tion:
Doku­men­tieren Sie die Fes­tle­gung und Kom­mu­nika­tion der Ziele sorgfältig, um im Stre­it­fall nach­weisen zu kön­nen, dass Sie Ihren Pflicht­en nachgekom­men sind.

BEITRAG TEILEN
LinkedInXINGXFacebookEmailPrint

Über den autor

Aktuelles

Weitere Beiträge des Autors

Rund um die Weihnachtsfeier, Teil 2: Was Arbeitgeber sonst noch wissen sollten

Im zweiten Teil unserer kleinen Reihe klären wir, wann der Unfallversicherungsschutz auch für die Weihnachtsfeier gilt, warum es wichtig ist, deren Ende klar zu kommunizieren und welche  sozialversicherungsrechtlichen Aspekte Arbeitgeber im Blick behalten sollten. Damit die Weihnachtsfeier sicher und für alle im besten Sinne unvergesslich wird.   Wenn die Weihnachtsfeier vor der Tür steht, gibt es jede Menge zu planen....

Weihnachtsfeier: Rechte, Pflichten und Konsequenzen für Arbeitgeber

Weihnachtsfeiern bieten eine tolle Gelegenheit, das Jahr in geselliger Runde ausklingen zu lassen und das Team zu stärken. Doch Arbeitgeber müssen auch wichtige arbeitsrechtliche Vorgaben im Blick behalten: Wer muss eingeladen werden? Zählt die Teilnahme als Arbeitszeit? Wie umgehen mit Geschenken - und wie mit Fehlverhalten von Mitarbeitenden?   Alle Restaurants sind längst ausgebucht, die Einladungen sind verschickt, die Teams...